Angeblich schikanöse Abfertigung an der GÜSt Zarrentin
19. März 1985
Information Nr. 106/85 über die angeblich schikanöse Abfertigung einer Bürgerin der BRD mit ihrer kranken Tochter an der Grenzübergangsstelle Zarrentin am 3. März 1985
Am 14. März 1985 wurde in der BRD-Zeitung »Bild«-Ausgabe Hamburg, ein Artikel veröffentlicht, in dem unter Verdrehung der Tatsachen behauptet wird, dass an der Grenzübergangsstelle Zarrentin eine BRD-Bürgerin mit ihrem 12-jährigen kranken Kind durch die Grenzkontrollorgane der DDR trotz vorliegenden ärztlichen Attestes verzögert abgefertigt worden sei.1 Das Kind sei drei Tage nach der Rückkehr in die BRD verstorben.
Durch die zuständigen Organe der DDR sofort eingeleitete Überprüfungen ergaben folgenden Sachverhalt: Die BRD-Bürgerin [Name 1, Vorname 1] (37), wohnhaft 2 000 Hamburg, [Straße, Nr.], eingereist am 3. März 1985, 11.00 Uhr über die Grenzübergangsstelle Zarrentin, hielt sich mit ihrer Tochter, [Name 1, Vorname 2] (12), bei der DDR-Bürgerin [Name 2, Vorname] (41), wohnhaft Lübz, Bezirk Schwerin, [Straße, Nr.] besuchsweise auf.
Aufgrund einer akuten Erkrankung des Kindes [Vorname 2 Name 1] wandte sich die [Name 2] am 3. März 1985, 21.30 Uhr an den Arzt der Kreispoliklinik Lübz, Dr. [Name 3], der nach entsprechender Untersuchung bei dem Kind [Vorname 2] folgende Krankheiten diagnostizierte:
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spinale Muskelatrophie (akuter Muskelschwund)
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seroese Bronchitis bei mäßiger Temperatur (37,5 Grad)
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hochgradige Verschleimung der Atemwege.
Dr. [Name 3] bot der Kindesmutter eine sofortige stationäre Behandlung des Kindes im Bezirkskrankenhaus Schwerin an, was von ihr mit der Bemerkung abgelehnt wurde, »ich lasse mein Kind hier nicht behandeln«.
Die BRD-Bürgerin [Name 1] teilte dem Arzt weiter mit, dass sie wisse, dass ihr Kind nur noch eine kurze Lebenserwartung habe. Es sei bis vor drei Monaten längere Zeit in einer Intensivstation in der BRD in Behandlung gewesen.
Alle für die therapeutische Behandlung des Kindes notwendigen Medikamente führte die Kindesmutter mit.
Eine Reise mit dem Kind in die DDR sei – nach Angaben des Dr. [Name 3] – unter Beachtung des Gesundheitszustandes des Kindes als unverantwortlich einzuschätzen.
Durch Dr. [Name 3] wurde der zuständige Kreisarzt des Kreises Lübz über den Sachverhalt und die Haltung der Kindesmutter informiert.
Am 4. März 1985, gegen 15.30 Uhr sowie gegen 16.45 Uhr informierte die eingangs erwähnte [Name 2] den Dr. [Name 3] darüber, dass die BRD-Bürgerin [Name 1] darauf bestehe, mit ihrer Tochter nach der BRD zurückzureisen.
Durch Dr. [Name 3] wurden keine Einwände erhoben, da die BRD-Bürgerin [Name 1] ohnehin jegliche Behandlung ihrer Tochter in Gesundheitseinrichtungen der DDR ablehnte.
Er wies die Poliklinik von Lübz an, der BRD-Bürgerin [Name 1] ein Attest auszufertigen, durch welches die Grenzorgane um eine beschleunigte Abfertigung ersucht werden sollten.
Dr. [Name 3] verständige fernmündlich den Ehemann der [Name 1] in Hamburg und ersuchte ihn, Ehefrau und Kind an der Grenzübergangsstelle Zarrentin abzuholen.
Am gleichen Tage, um 18.20 Uhr erschienen die BRD-Bürgerin [Name 1] mit ihrer Tochter [Vorname 2] sowie die sie begleitende [Name 2] und eine als Fahrer fungierende Person im Pkw »Trabant« am Kontrollpunkt der Deutschen Volkspolizei vor der Grenzübergangsstelle Zarrentin.
Nachdem die BRD-Bürgerin [Name 1] ihr Anliegen vorgetragen hatte, mit dem erkrankten Kind nach der BRD zurückreisen zu wollen und sie von ihrem Ehemann aus der BRD abgeholt wird, wurde ihr und den sie begleitenden Bürgern der DDR (sie waren nicht im Besitz von Genehmigungen zum Befahren/Betreten des Grenzgebietes) das Angebot unterbreitet, bis zur Ankunft des Ehemannes mit dem erkrankten Kind im beheizten Besucherzimmer des Kontrollobjektes zu warten. Während die Bürger der DDR davon Gebrauch machten, lehnte die BRD-Bürgerin [Name 1] das Angebot kategorisch ab und verblieb mit dem Kind im Pkw.
Um 19.10 Uhr erschien der Ehemann der BRD-Bürgerin [Name 1], [Name 1, Vorname 3] (40), an der Grenzübergangsstelle Zarrentin mittels Pkw, um seine Ehefrau und das Kind abzuholen.
Obwohl er nicht im Besitz von Einreisedokumenten war, wurde ihm sofort ein entsprechendes Ein- und Ausreisevisum erteilt. Die Einreise erfolgte um 19.25 Uhr. Die Ausreise des [Name 1], seiner Ehefrau und des Kindes nach der BRD erfolgte 19.50 Uhr.