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Beabsichtige Aktivitäten von Greenpeace

14. Dezember 1985
Information Nr. 500/85 über beabsichtigte Aktivitäten der Umweltschutzorganisation »Greenpeace« in der DDR

Dem MfS vorliegenden Hinweisen zufolge beabsichtigt die Umweltschutzorganisation »Greenpeace« in der Woche vom 16. bis 22. Dezember 1985 das Schiff »Beluga« in die DDR zu entsenden, um im Bereich des DDR-Abschnittes der Elbe Wasserproben zu entnehmen und diese analysieren zu lassen.

Dabei würde es hauptsächlich um solche von der DDR ausgehenden angeblichen Verschmutzungen der Elbe gehen wie z. B. Einleitung von Phosphaten, Waschmittelrückständen, Lösungsmitteln, Schwermetallen (Blei, Kadmium).

Im Zusammenhang mit der Durchführung dieser »gewaltfreien« Aktion in der DDR kalkuliere man auch »nicht vermeidbare Auseinandersetzungen« ein, da Umweltverschmutzung »keine Grenzen« kenne, was für die Arbeit von »Greenpeace« von maßgeblicher Bedeutung sei. (Nähere Einzelheiten wurden bisher noch nicht bekannt.)

Es ist davon auszugehen, dass die durch diese Aktivitäten erzielten Ergebnisse in spektakulärer Form gegen die DDR ausgewertet werden sollen.

Zur Unterbindung diesbezüglicher Aktivitäten der Umweltschutzorganisation »Greenpeace« wird vorgeschlagen:

  • 1.

    Durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten sollten in geeigneter Form vom Bundeskanzleramt der BRD Maßnahmen zur Verhinderung des Befahrens des bisher nicht einvernehmlich geregelten Grenzabschnittes der Elbe1 durch das Flussschiff »Beluga« gefordert werden. Dies wäre auf die im Verkehrsvertrag zwischen der DDR und der BRD im Artikel 23 enthaltenen Festlegungen der Gewährleistung eines reibungslosen Binnenschiffsverkehrs zwischen Kilometer 472,6 bis 566,3 der Elbe2 und unter Beachtung des Protokollvermerkes vom 29. November 1978, Ziffer 3 zu Artikel 1 des Protokolls zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Überprüfung, Erneuerung und Ergänzung der Markierung der zwischen der DDR und der BRD bestehenden Grenze, die Grenzdokumentation und die Regelung sonstiger mit dem Grenzverlauf im Zusammenhang stehender Probleme möglich, wonach die Arbeiten zu den Grenzabschnitten 7 bis 9 (93,7 Elbkilometer) noch nicht abgeschlossen sind und beide Seiten diesen Umstand bis zur Herbeiführung einer Übereinstimmung zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei allen Maßnahmen auch weiterhin berücksichtigen.3

  • 2.

    Im Falle des Befahrens dieses Elbabschnittes durch das Flussschiff »Beluga« sind durch die Einleitung differenzierter Grenzsicherungsmaßnahmen seitens der zuständigen Organe der DDR das Eindringen des Schiffes in DDR-seitige Buhnenfelder4 und die Häfen Boizenburg und Dömitz, dortiges Ankern und Festmachen, Absetzen sowie Aufnahme von Personen konsequent zu unterbinden.

  • 3.

    Durch geeignete Maßnahmen der zuständigen Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR ist am Grenzpunkt 1 des Grenzabschnittes 10, Elbkilometer 472,6, ca. 200 m östlich der Ortschaft Lütkenwisch, Kreis Ludwigslust, 1,7 km vor dem Kontrollterritorium der Grenzübergangsstelle Cumlosen, das Einfahren des Schiffes auf der Elbe in das Hoheitsgebiet der DDR zu verhindern.

  • 4.

    Soweit seitens der Umweltschutzorganisation »Greenpeace« eine offizielle Beantragung auf Einreise in die DDR mit dem Flussschiff »Beluga« über die Grenzübergangsstelle Cumlosen erfolgt, sollte diesem Anliegen nicht stattgegeben werden.

Anlage zur Information Nr. 500/85

Hinweis zu dem »Greenpeace« Flussschiff »Beluga«

Bei diesem Schiff (Baujahr 1961) handelt es sich um ein ehemaliges Feuerlöschboot der Hafenfeuerwehr von Bremen. Es wurde im Jahre 1984 von der Umweltschutzorganisation »Greenpeace« für 120 000 DM erworben und auf der Menzer-Werft, Hamburg-Bergedorf/BRD mit einem Kostenaufwand von über 900 000 DM mithilfe vieler Freiwilliger und durch finanzielle Unterstützung zahlreicher Spender (u. a. Udo Lindenberg sowie weitere Rock-Musikformationen) umgebaut.

Mit dem am 15. März 1985 auf den Namen »Beluga« getauften Schiff sollen vor allem mithilfe des technisch auf dem neuesten Stand mit Computern und Messgeräten für kontinuierliche und Einzelprobenanalysen ausgerüsteten Bordlabor Verschmutzer von Flüssen aufgespürt und ermittelt werden.

Zwischenzeitlich wurden mit dem »Greenpeace«-Flussschiff bereits mehrere Aktionen in der BRD auf dem Rhein und Main durchgeführt, worüber Massenmedien der BRD zum Teil in spektakulärer Art und Weise berichteten.

Nach vorliegenden Hinweisen beabsichtigt die Umweltschutzorganisation »Greenpeace« mit der »Beluga« auch Aktionen auf Flüssen in Westeuropa und in sozialistischen Staaten durchzuführen.

Zu einigen technischen Daten des Schiffes: Länge: 23,50 m, Breite: 5,10 m, Antriebsaggregate: zwei Dieselmotoren mit je 300 PS, Höchstgeschwindigkeit: ca. 25 km/h, Tiefgang: 1,65 m, Wasserverdrängung: 59 Tonnen, Besatzung: sechs bis acht Personen.

  1. Zum nächsten Dokument Herbstsynoden Mecklenburg und Thüringen

    16. Dezember 1985
    Information Nr. 499/85 über die Herbstsynoden der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs (14. bis 17. November 1985 in Schwerin) und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen (28. November bis 1. Dezember 1985 in Eisenach)

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    11. Dezember 1985
    Information Nr. 498/85 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 2. Dezember 1985 bis 8. Dezember 1985