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Feindliche Aktivitäten zum 17. Juni 1985

13. Juni 1985
Hinweise über gegen die DDR gerichtete Aktivitäten im Zusammenhang mit dem sogenannten Tag der deutschen Einheit am 17. Juni 1985 [K 1/155]

Nach bisher vorliegenden Informationen sind im Zusammenhang mit dem sogenannten Tag der deutschen Einheit am 17. Juni 19851 folgende Aktivitäten geplant:

Westberlin:

Veranstaltung des Senats von Westberlin am 17. Juni 1985 auf dem Steinplatz in Charlottenburg (Näheres nicht bekannt).

Aktivitäten der »Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte«,2 abgestimmt mit der »Jungen Union«3 und der »Arbeitsgemeinschaft 13. August«,4 am 17. Juni 1985.

Geplant sind:

  • Demonstration am Grenzübergang Checkpoint Charlie zwischen 11.00 Uhr und 12.00 Uhr,

  • Demonstration vor dem ehemaligen Reichstag von 12.30 bis 14.00 Uhr,

  • anschließend Fahrt zur Bernauer Straße und Durchführung einer Demonstration zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr (Verteilen von Hetzblättern ist vorgesehen),

  • abschließende Demonstration auf dem Kurfürstendamm zwischen 19.00 Uhr und 22.00 Uhr.

Feindlich-negative Aktivitäten am 16./17. Juni 1985, vorbereitet durch Funktionäre der »Ludwig-Frank-Stiftung«5 in Zusammenarbeit mit Vertretern der »Paneuropa-Union Deutschland«,6 Landesverband Niedersachsen. Vorgesehen ist, mit drei Bussen von Braunschweig nach Westberlin zu reisen, dort Gespräche mit »stadtbekannten« Politikern zu organisieren und einen Besuch an der Staatsgrenze zur Hauptstadt der DDR (Bereich Bernauer Straße) sowie eine Veranstaltung in Westberlin, für die Otto von Habsburg7 als Redner gewonnen werden soll, durchzuführen. Nach Vorstellungen der Organisatoren soll die Finanzierung der Aktion durch die Landesregierung Niedersachsen sowie den Eigentümer des »Jägermeister«-Likör-Konzerns und Vorsitzenden der Fußballmannschaft »Eintracht Braunschweig«, Günter Mast,8 erfolgen. Mast stellt hierfür die Bedingung, dass die Busse mit Werbemitteln für »Jägermeister« (Transparenten) ausgerüstet werden. Aktivitäten gehen von folgenden Personen aus: Göttsch,9 Schatzmeister der »Paneuropa-Union Deutschland«, Landesverband Niedersachsen; [Name1], Leiter des Jugendspielmanns- und Fanfarenzuges »Sandwüste«, Braunschweig-Kralenriede; [Name 2], Beisitzer im Vorstand der »Ludwig–Frank–Stiftung«.

30 sogenannte Dichterlesungen in der Zeit vom 10. bis 15. Juni 1985 an 21 Westberliner Schulen (Gesamtschulen, Oberstufenschulen und Gymnasien) durch ehemalige DDR-Bürger, die sich »schriftstellerisch« betätigen und vor ihrer Übersiedlung im Sinne politischer Untergrundtätigkeit in der DDR agierten, u. a. Dieter Borkowski,10 Sigmar Faust11 und Michael Sallmann,12 die »Dichterlesungen« fanden bzw. finden zur Vorbereitung auf den sogenannten Tag der deutschen Einheit statt; die Westberliner Schulsenatorin Laurien13 begrüßte diese Aktivitäten mit der Begründung, »Literatur und persönliche Begegnung mit Schriftstellern seien eine Möglichkeit, Deutschland auch über die Grenzen hinweg von innen kennenzulernen«.

Beabsichtigte Provokativhandlung von einer Westberliner Aussichtsplattform aus um den bzw. am 17. Juni 1985 (näheres nicht bekannt) durch einen Westberliner und zwei BRD-Bürger (nur Vornamen bekannt); nicht überprüften internen Hinweisen zufolge soll dem Westberliner Bürger von den Personen aus der BRD im Zusammenhang mit der vorgesehenen »Aktion« ein Paket zugesandt worden sein mit der Aufforderung, dieses nicht zu öffnen, da sie »die Bombe an Ort und Stelle platzen lassen« wollen.

Stadtrundfahrt einer aus ca. 100 Personen bestehenden Reisegruppe, darunter 36 Wissenschaftler aus den USA und vier ehemalige amerikanische Botschafter, im Verlaufe des Nachmittags des 17. Juni 1985, wobei an verschiedenen Stellen, u. a. an der Gedenkstätte in Plötzensee, Kränze niedergelegt werden sollen; über die konkrete Gestaltung des Besuchsprogramms der Reisegruppe in Westberlin wurden seitens deren offiziellen Begleiters, des Mitarbeiters des Bundesministeriums für Verteidigung der BRD, Wagenlehner,14 Absprachen mit dem Leiter der »Arbeitsgemeinschaft 13. August«, Rainer Hildebrandt,15 geführt.

Übertragung der Aufzeichnung eines Gespräches des Bundespräsidenten der BRD, von Weizsäcker,16 mit 17- bis 19-jährigen Schülern der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Marienfelde vom 11. Juni 1985 zum Thema: »Der 17. Juni und die deutsche Frage« am 17. Juni 1985, in der Zeit von 19.00 bis 20.00 Uhr, durch die ARD.

Entsprechend bisherigen Erfahrungen ist damit zu rechnen, dass am Abend des 16. Juni 1985 sogenannte Mahnfeuer entzündet und am Vormittag des 17. Juni 1985 an den bekannten »Mahnmalen« Kränze niedergelegt werden.

BRD

Sondersitzung des Bundestages am 17. Juni 1985, 15.00 Uhr, auf der auf Vorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der frühere Bundesminister Georg Leber17 (SPD) sprechen wird.

Revanchistische Großveranstaltung »Deutschlandtreffen der Schlesier« in der Zeit vom 14. bis 17. Juni 1985 in Hannover/Niedersachsen unter dem Motto: »40 Jahre Vertreibung – Schlesien bleibt unsere Zukunft im Europa freier Völker«. Erwartete Teilnehmerzahl: ca. 150 000 Personen; die Teilnahme von BRD-Bundeskanzler Kohl18 und des niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht19 ist vorgesehen.

Beabsichtigte provokativ-demonstrative Aktion am 17. Juni 1985, in der Zeit von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr, vor der Ständigen Vertretung der DDR in der BRD in Bonn, organisiert von Mitgliedern der »Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte« in Form einer »Standdemonstration« unter dem Thema: »Freiheit für die politischen Gefangenen in der DDR« (geplante Teilnehmerzahl zehn Personen); es liegen Hinweise vor, dass aus Anlass des 17. Juni einzelne ehemalige Bürger der DDR vor der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn sogenannte Standdemonstrationen (mit Plakaten) durchführen wollen mit dem Ziel, »Familienzusammenführungen« zu erreichen.

Veranstaltung unter dem Thema: »17. Juni« am 16. Juni 1985 in Arolsen/Hessen, organisiert von der »Arbeitsgemeinschaft Kriegsopfer- und Soldatenverbände«, dem »Kyffhäuserbund«20 und dem »Kuratorium Unteilbares Deutschland« (KUD);21 Hauptredner: Referenten des »KUD«.

Abschlusskundgebung im Zusammenhang mit den sogenannten Europatagen der »Paneuropa-Union Deutschland« und der »Paneuropa-Jugend Deutschland«22 vom 15. bis 16. Juni 1985 in Fellbach/Stuttgart am 16. Juni 1985 nach einem Fackelzug am Stuttgarter Schloss.

Die Veranstaltung soll sich thematisch mit dem »17. Juni« befassen. Vorgesehene Redner sind der stellvertretende Bundesvorsitzende der »Paneuropa-Jugend Deutschland«, Jaroslav Boček,23 sowie der Vizepräsident der »Paneuropa-Union Deutschland« und des sogenannten Bundes der Vertriebenen, Rudolf Wollner.24

Wie alljährlich sind an der Staatsgrenze der DDR zur BRD im grenznahen Bereich vom Territorium der BRD aus Feindaktivitäten geplant, zu denen bisher folgende Angaben vorliegen:

Büddenstedt (gegenüber Kreis Oschersleben)

Volksfest auf dem Ringplatz25 vom 14. bis 16. Juni 1985 mit öffentlicher Veranstaltung des Bundesgrenzschutzes, wo u. a. Waffen und Geräte gezeigt werden.

Coburg (gegenüber den Kreisen Hildburghausen und Sonneberg)

Bundesjugendtreffen anlässlich der 125. Wiederkehr des ersten Deutschen Turn- und Jugendfestes 1860 vom 14. bis 17. Juni 1985; Schirmherrschaft: Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit, Geißler;26 erwartete Teilnehmerzahl: 2 500 Personen; Höhepunkt des Bundesjugendtreffens soll ein Fackelzug in Coburg bilden.

Rodholz (gegenüber Kreis Meiningen)

Landestreffen des Verbandes »Deutsche Jugend des Ostens«27 vom 14. bis 17. Juni 1985.

Hof (gegenüber den Kreisen Schleiz, Plauen und Oelsnitz)

Bürgerfest (Motorradschau mit Oldtimern und modernen Maschinen, möglicherweise Start zu einer Rallye mit Teilabschnitten entlang der Staatsgrenze; Luftballon-Weitflug-Wettbewerb der Bundespost – bei entsprechenden Windverhältnissen mit Einflug in den Luftraum der DDR zu rechnen) am 15. Juni 1985.

Oberelsbach (gegenüber den Kreisen Hildburghausen und Meiningen)

Wanderung des sogenannten Thüringerwald-Vereins von Bischofshain28 nach Oberelsbach entlang der Staatsgrenze am 16. Juni 1985.

Rodach (gegenüber Kreis Hildburghausen)

Vereinsjubiläum aus Anlass des 125-jährigen Bestehens des Turn- und Sportvereins vom 16. bis 19. Juni 1985 (Faust-, Hand- und Fußballwettkämpfe); inwieweit das Heranführen von Personengruppen an die Staatsgrenze geplant ist, wurde bisher noch nicht bekannt.

Raum Eschwege (gegenüber Kreis Heiligenstadt)

Grenzwanderung des »Eichsfelder Verein Werratal« mit anschließender »Kreuzwegeandacht« unter dem Motto: »Geteiltes Deutschland-Heimatland« am 16. Juni 1985.

Bereich Lauenburg (gegenüber Kreis Hagenow)

für den 16. Juni 1985 von der Volkshochschule Trittau gemeinsam mit dem Ortskuratorium »Unteilbares Deutschland« geplante Fahrt an die Staatsgrenze; anschließendes Volksfest mit 200 Musikern des Kreisfeuerwehrverbandes und Feuerwerk.

Dömitz (gegenüber Kreis Ludwigslust)

»Besichtigung« der Staatsgrenze im Bereich der ehemaligen »Dömitzer Brücken« unter dem Motto: »Hart an der Grenze« durch ca. 120 Personen am 16. Juni 1985; Organisator: »Bildungszentrum« Göhrde.29

Radenbeck (gegenüber Kreis Klötze)

Veranstaltungen aus Anlass des sogenannten Tages der deutschen Einheit auf dem Sportplatz (Entfernung zur Staatsgrenze – 1 000 m); Hetzveranstaltung auf dem bei Radenbeck gelegenen Wachtberg;

Abbrennen eines »Mahnfeuers« am 16. Juni 1985; vorgesehener Hauptredner: Wolfgang Mischnick,30 Vorsitzender der FDP-Fraktion im Bundestag.

Zicherie (gegenüber Kreis Klötze)

Zeltlager mit ca. 200 Jugendlichen auf dem Gelände der »politischen Bildungsstätte« in Zicherie um den 17. Juni 1985; vorgesehen sind: Orientierungsfahrt, Staffellauf von Zicherie nach Radenbeck sowie Teilnahme an der Veranstaltung auf dem Sportplatz Radenbeck (Wachtberg) und eine Grenzwanderung am 17. Juni 1985.

Bad Sachsa (gegenüber Kreis Nordhausen)

Ganztägige »Zonengrenzwanderung« am 17. Juni 1985.

Tann (gegenüber den Kreisen Bad Salzungen und Meiningen)

»Volksmarathon« am 17. Juni 1985; mit einer Streckenführung entlang der Staatsgrenze ist zu rechnen.

Mühlfeld bei Mellrichstadt (gegenüber Kreis Meiningen)

Vierwöchige Veranstaltungsreihe aus Anlass des 60-jährigen Bestehens des Schützenvereins, beginnend am 17. Juni 1985; in diesem Zusammenhang ist am 17. Juni 1985 eine Einweisung an der Staatsgrenze im Bereich »Berkacher Höhe« vorgesehen; geplante Teilnehmerzahl: ca. 200 Personen.

In und um Hornburg (gegenüber Kreis Halberstadt)

Mehrere Grenzlandläufe und Wanderungen unter Schirmherrschaft des niedersächsischen Ministers für Bundesangelegenheiten, Hasselmann,31 am 17. Juni 1985.

Bei Mustin (gegenüber Kreis Gadebusch)

Hetzveranstaltung in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze am 17. Juni 1985. organisiert durch den CDU-Kreisvorstand des Herzogtums Lauenburg; Hauptredner: Dr. Uwe Barschel,32 Ministerpräsident des Bundeslandes Schleswig-Holstein.

Bieberbach bei Sonnefeld (gegenüber Kreis Sonneberg)

Modell-Flugtag des Modell-Flugclubs »Steinachtal–Praelax« am 17. Juni 1985 (5 000 m von der Staatsgrenze entfernt).

Zwischen Hof und Mitwitz (gegenüber den Kreisen Schleiz, Plauen, Oelsnitz)

Grenzwanderung, organisiert vom »Frankenwaldverein Lippertsgrün«, am 17. Juni 1985.

Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die für den 5. Mai 1985 in der Zeit von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr in der Erlöserkirche in Berlin-Lichtenberg geplant gewesenen »Blues-Messen«33 (hauptverantwortlich: Stadtjugendpfarrer Hülsemann34 in Zusammenarbeit mit den Pfarrern Eppelmann35 und Pahnke36) am 16. Juni 1985 in der Erlöserkirche stattfinden.

  1. Zum nächsten Dokument Friedensseminar in Königswalde

    17. Juni 1985
    Information Nr. 254/85 über die Durchführung eines »Friedensseminars« in Königswalde, Kreis Werdau, Bezirk Karl-Marx-Stadt

  2. Zum vorherigen Dokument Einnahmen Mindestumtausch, 3.–9.6.1985

    11. Juni 1985
    Information Nr. 245/85 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 3. Juni 1985 bis 9. Juni 1985