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Friedensreise »The Great Peace Journey« (1)

2. Mai 1985
Hinweise über eine geplante sogenannte große Friedensreise der schwedischen Vereinigung »The Great Peace Journey« (»Die Große Friedensreise«) vom 12. Mai bis 24. Mai 1985 durch mehrere europäische Länder [K 1/152a]

Dem MfS vorliegenden Hinweisen zufolge organisiert diese schwedische Vereinigung vom 12. bis 24. Mai 1985 unter dem Motto: »Befreit die Menschheit von der Geißel1 des Krieges« eine sogenannte große Friedensreise durch mehrere europäische Länder (eine analoge Reise soll im Jahre 1986 in die UdSSR, die USA, die VR China und nach Kanada erfolgen).

Geplant ist der Besuch bei Staatsoberhäuptern oder Regierungschefs der betreffenden Länder, während dem jeweils fünf Fragen besprochen und später durch die Repräsentanten schriftlich (mit »Ja« oder »Nein«) beantwortet werden sollen. Der Inhalt der Fragen hat eine pseudopazifistische, gegen die Friedens-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der sozialistischen Staaten gerichtete sowie pseudoökologische, neutralistische Stoßrichtung.

Die Organisatoren der »Friedensreise« planen, die schriftlichen Antworten dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu überreichen, damit sie unter den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verbreitet werden. Außerdem beabsichtigen sie, diese den Teilnehmerstaaten der Stockholmer Konferenz mitzuteilen.

Zur politischen und organisatorischen Vorbereitung der »Friedensreise«, die als »reine Privatinitiative« von Personen in führenden Positionen auf verschiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens in Schweden und von nichtstaatlichen Organisationen, darunter auch verschiedenen »Friedensorganisationen«, bezeichnet wird, wurde ein sogenannter Lenkungsausschuss gebildet, dem u. a. angehören: als Vorsitzende die ehemalige Leiterin der schwedischen Delegation bei der UNO-Abrüstungskonferenz in Genf, Inga Thorsson,2 der Präsident des schwedischen Friedensrates und ehemalige Bischof Lars Carlzon,3 die Präsidentin der schwedischen christlichen Friedensbewegung, Margareta Ingelstam;4 Mitglied des »Lenkungsausschusses« ist neben anderen auch [Vorname Name], Vertreterin der rechtsorientierten schwedischen Gruppierung »Frauen für den Frieden«.

Diese im Sinne der sogenannten blockübergreifenden Friedensbewegung5 und vor allem unter dem Motto »Freiheit für die unabhängige Friedensbewegung im Osten« agierende Gruppierung gehört zu den Initiatoren der »Friedensreise«. Sie war neben anderen Organisationen an der am 23. März 1985 in Stockholm stattgefundenen antisowjetischen Demonstration »Freiheit für Afghanistan« beteiligt.

Im Rahmen der »Friedensreise« beabsichtigen die Teilnehmer am 15. Mai 1985 in fünf Gruppen zu je 30 Personen (vier Gruppen mit Bussen, eine Gruppe auf dem Luftweg) in die DDR einzureisen. (Bei der Vertretung des Reisebüros der DDR in Stockholm wurden zwischenzeitlich von Mitgliedern der schwedischen Vereinigung Anfragen über Buchungen für Übernachtungen in der Hauptstadt der DDR, Berlin, vorgenommen.) Es ist u. a. beabsichtigt, am 16. Mai 1985 ein Gespräch mit dem Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Erich Honecker,6 oder mit dem Außenminister der DDR, Genossen Oskar Fischer,7 zu führen.

Der schwedische Botschafter in der DDR hat mit Schreiben vom 15. April 1985 das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR (Genosse Botschafter Dr. Mitdank8) von diesem Vorhaben in Kenntnis gesetzt und seinem Schreiben die Kopie eines Briefes der schwedischen Vereinigung an Genossen Erich Honecker vom 4. Februar 1985, in dem das »Anliegen« der »Friedensreise« erläutert und um ein offizielles Gespräch am 16. Mai 1985 ersucht wird, beigefügt.

Außerdem übersandten die Initiatoren der »Friedensreise« Schreiben an den Friedensrat der DDR9 und den Bundesvorstand des DFD,10 in denen sie ihr »Anliegen« sichtbar machten und um Unterstützung bei der Realisierung ihres Vorhabens in der DDR baten. Auf diese Ersuchen wurde seitens der Adressaten abschlägig reagiert.

Nach bisher vorliegenden Hinweisen ist auch seitens des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR – er wurde von den Initiatoren der »Friedensreise« ebenfalls angeschrieben – nicht reagiert worden.

Streng internen Hinweisen zufolge beabsichtigen Teilnehmer der »Friedensreise« während ihres Aufenthaltes in der DDR – am 17. Mai 1985 ist die Weiterreise nach Prag vorgesehen – mit reaktionären kirchlichen und im Sinne politischer Untergrundtätigkeit wirkenden feindlich-negativen Kräften in der DDR Verbindung aufzunehmen. Für einen Empfang der Teilnehmer der »Friedensreise« seitens der evangelischen Kirche engagieren sich dabei die als Mitinitiatoren und Förderer antisozialistischer Aktivitäten von feindlich-negativen Kräften bekannten Forck11 und Generalsuperintendent Krusche.12 Die Ehefrau des Krusche verfügt über Kontakte nach Schweden und wurde über diese Kanäle zum Stand der Vorbereitung der »Friedensreise« informiert.

In Kenntnis der bereits seit Ende 1984 seitens der genannten rechtsorientierten schwedischen Gruppierung »Frauen für den Frieden« unternommenen Aktivitäten für die »Friedensreise« haben sich Vertreter der KPdSU, der SED und der SEW auf einem Arbeitstreffen im Februar 1985 in Moskau geeinigt, diese Gruppe nicht zu empfangen. Dieser Standpunkt wurde bei einer entsprechenden Rückfrage im April 1985 von den sowjetischen Genossen bekräftigt.

Es wird vorgeschlagen, Vertretern dieser schwedischen Vereinigung die Einreise in die DDR im Zusammenhang mit ihren beabsichtigten Aktivitäten nicht zu gestatten und die dazu erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.

  1. Zum nächsten Dokument 1. Tagung der 9.Synode der ev. Kirche in Berlin-Brandenburg

    6. Mai 1985
    Information Nr. 189/85 über die konstituierende 1. Tagung der 9. Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg vom 12. bis 16. April 1985 in Berlin

  2. Zum vorherigen Dokument Zusammenarbeit der Grünen mit der Opposition in der DDR

    2. Mai 1985
    Zu einigen wesentlichen Erkenntnissen über das Zusammenwirken militanter Kräfte der Partei »Die Grünen« der BRD und der »Alternativen Liste«, Westberlin, mit Exponenten politischer Untergrundtätigkeit in der DDR [K 1/151]