Friedensreise »The Great Peace Journey« (2)
14. Mai 1985
Hinweis über die beabsichtigte Einreise von Teilnehmern der »Friedensreise in UNO-Länder« der schwedischen Vereinigung »The Great Peace Journey« in die Hauptstadt der DDR, Berlin [K 1/152b]
Nachfolgend wird in Ergänzung der »Hinweise über eine geplante sogenannte große Friedensreise der schwedischen Vereinigung ›The Great Peace Journey‹ vom 12. bis 24. Mai 1985 durch mehrere europäische Länder« vom 1.5.19851 auf weitere beachtenswerte Erkenntnisse zu dieser Reise aufmerksam gemacht.
Am 12. Mai 1985 erfolgte in Stockholm vor ca. 1 000 Anwesenden die offizielle Verabschiedung der Teilnehmer an der Friedensreise in UNO-Länder. Durch die Vorsitzende des »Internationalen Frauenbundes für Frieden und Freiheit«,2 Gerle,3 wurde mitgeteilt, dass die Teilnehmer in 21 von 27 für den Besuch vorgesehenen europäischen UNO-Mitgliedsstaaten von den jeweiligen Staatsoberhäuptern oder Regierungschefs empfangen würden. (Laut schwedischen Presseveröffentlichungen hätten außer der DDR auch die ČSSR, VR Polen, Zypern und Portugal kein Interesse am Empfang der Teilnehmer gezeigt.) Der schwedische Ministerpräsident Olof Palme4 habe auf der Veranstaltung die bevorstehende Friedensreise als Beitrag zum 40. Jahrestag der Gründung der UNO gewürdigt und hervorgehoben, es gereiche ihm zur Ehre, als erstes Staatsoberhaupt die fünf gestellten Fragen (vgl. Anlage) mit »Ja« beantworten zu können. Die schwedischen Massenmedien widmeten der Reise und Berichten über die Verabschiedung große Aufmerksamkeit. Aus schwedischen Presseveröffentlichungen geht hervor, dass Teilnehmer der »Friedensreise« in jenen Ländern, wo sie »nicht willkommen« seien, vor Regierungsgebäuden protestieren wollen.
Der Vorsitzende der »Schwedischen Friedens- und Schiedsgerichtsvereinigung«, (eine bürgerlich-pazifistische, stark antikommunistisch beeinflusste schwedische Friedensorganisation) Magnusson,5 verurteilte diese Reise als ein gefährliches Projekt, da die unverbindlichen Fragestellungen die Friedensbewegung aushöhlten.
Die Fragen müssten nach Auffassung des Magnusson unbequemer sein. So sollte z. B. der Staatsratsvorsitzende der DDR über die »Unterdrückung der unabhängigen Friedensbewegung« befragt werden.
Die ehemalige Leiterin der schwedischen Delegation bei der UNO-Abrüstungskonferenz in Stockholm, Inga Thorsson,6 wies diese Angriffe zurück und unterstrich, dass sich die Reise gegen die »Aggressionen in Afghanistan,7 Polen,8 Grenada9 und Nicaragua10« richte.
Nach bisher vorliegenden Hinweisen begeben sich die Teilnehmer auf fünf Reise-Routen mit fünf Reisebussen, versehen mit der Aufschrift »Die große Friedensreise« in deutscher, englischer, russischer und französischer Sprache auf Tour.
Die 14 Teilnehmer der Route »C« beabsichtigen, sich vom 15. bis 17. Mai 1985 in der Hauptstadt der DDR aufzuhalten, um danach die Reise in Richtung Prag (18. Mai), Wien (20. Mai), Budapest (22. Mai) und Warschau (24. Mai) fortzusetzen.
Die Reiseteilnehmer der Route »B« beabsichtigen, vom Fährhafen Saßnitz aus die DDR im Transit zu passieren in Richtung Belgrad (16. Mai), Bukarest (18. Mai) Sofia (20. Mai) und Tirana (22. Mai).
In der Absicht, Ziel und Charakter dieser Reise zu verschleiern und die erfolgte, mit der Sowjetunion abgestimmte Absage durch den Friedensrat der DDR11 und den DFD12 zu unterlaufen, soll offensichtlich eine Einreise aus touristischen Gründen vorgetäuscht und eine Visabeantragung erst auf dem Visa-Büro in Saßnitz erfolgen. (Durch das Konsulat der DDR in Stockholm konnte ein Schreiben des internationalen Vorbereitungsbüros der »Großen Friedensreise« dokumentiert werden, in dem die Teilnehmer der Reiseroute »C« wie folgt instruiert werden: »Achtung! In Ostberlin nicht den Friedensrat angeben, sondern nur Hinweis auf Palasthotel.«)
Eine Überprüfung der namentlich bekannten Teilnehmer der Reisegruppe »C« ergab bisher keine besonders beachtenswerten Anhaltspunkte.
Es wird folgendes Vorgehen vorgeschlagen:
Seitens der sozialistischen Staaten war auf der Ebene der ZK der Bruderparteien (UdSSR, DDR, ČSSR, VR Polen) im Februar 1985 vereinbart worden, Delegationen der schwedischen Vereinigung »The Great Peace Journey« im Zusammenhang mit der geplanten großen »Friedensreise« nicht offiziell zu empfangen.
Durch die ČSSR wurde mitgeteilt, dass sie den Reiseteilnehmern der Fahrtroute »C« Einreisevisa für die Zeit vom 17.5. bis 19.5.1985 erteilt hat, sie jedoch offiziell nicht empfangen wird.
Aufgrund der getroffenen zentralen Entscheidung vom 2. Mai 1985 wird den Reiseteilnehmern der Fahrtroute »C« die Einreise zum Aufenthalt in der DDR nicht gestattet. Da jedoch seitens der ČSSR für diese Gruppe Einreisevisa erteilt wurden, sollte diesen Personen der Transit durch die DDR unter folgenden Bedingungen gestattet werden, was ihnen bei der Einreise mitzuteilen ist:
Die Transitreise hat über die dafür zugelassenen Grenzübergangsstellen auf den vorgeschriebenen Verkehrswegen und der kürzesten Fahrstrecke in dem für die unverzügliche Durchreise benötigten Zeitraum zu erfolgen;
- –
eine Fahrt in die Hauptstadt der DDR, Berlin, ist nicht gestattet;
- –
als vorgeschriebener Transitweg ist die Autobahn Berliner Ring zu benutzen;
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ein Abweichen von der vorgeschriebenen Fahrstrecke ist untersagt.
Den Reiseteilnehmern der Fahrtroute »B« (Belgrad, Bukarest, Sofia und Tirana) sollte unter den gleichen vorgenannten Bedingungen der Transit durch die DDR gestattet werden.
Seitens der zuständigen Organe werden geeignete Maßnahmen zur Kontrolle und Überwachung der Reisegruppen eingeleitet und die getroffenen Festlegungen gegebenenfalls durchgesetzt.
Mit den vorgenannten Vorschlägen zur Gestattung der Transitreise durch die DDR könnte auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass in den zurückliegenden Monaten im Zusammenhang mit Problemen, die bei der illegalen Einreise von Ausländern aus dem arabischen Raum über die DDR nach Schweden auftraten, von der DDR offiziell gegenüber der schwedischen Seite ständig das Prinzip der Transitfreiheit hervorgehoben wurde und die Grundlage unserer Entscheidungen bildete. Dem würde auch mit den vorgenannten Vorschlägen entsprochen.