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Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen der DDR (1)

24. Januar 1985
Information Nr. 38/85 über die 96. ordentliche Tagung der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen (KKL) in der DDR am 11./12. Januar 1985 in Berlin

Dem MfS wurden über den Inhalt der 96. ordentlichen Tagung der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen (KKL) in der DDR,1 die am 11./12. Januar 1985 im Sekretariat des Bundes der Evangelischen Kirchen (BEK), Berlin, stattfand, streng intern Hinweise bekannt, die beachtenswert sind.

Teilnehmer des Treffens waren alle Bischöfe und leitenden Juristen der Evangelischen Landeskirchen der DDR sowie die synodalen Mitglieder der KKL. Der erkrankte Bischof Wollstadt/Görlitz2 wurde von Oberkirchenrat (OKR) Winde/Görlitz3 vertreten.

Im Mittelpunkt der Tagung standen folgende inhaltliche Schwerpunkte und Probleme:

  • Berichte der Evangelischen Landeskirchen und des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirchen in der DDR;

  • Erörterung der Teilnahme kirchenleitender Amtsträger an staatlichen Großveranstaltungen anlässlich des 40. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus sowie des 40. Jahrestages der Zerstörung von Städten durch anglo-amerikanische Luftangriffe;4

  • vertrauliche Information über den Inhalt des Gespräches des Staatssekretärs für Kirchenfragen, Genosse Gysi,5 mit den Mitgliedern des Vorstandes der KKL am 18. Dezember 1984;

  • inhaltliche Schwerpunkte der Sitzungen des Vorstandes der KKL seit der 95. ordentlichen Tagung der KKL im November 1984;

  • Beschlussfassungen der KKL.

In den Berichten der Evangelischen Landeskirchen wurde u. a. auf folgende politisch bedeutsame Probleme eingegangen:

Bischof Forck/Berlin6 informierte über ein Gespräch zwischen kirchenleitenden Amtsträgern der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg und dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen/BRD, Johannes Rau,7 während dessen Aufenthaltes in der DDR.8

Ministerpräsident Rau habe sich in diesem Gespräch (Teilnehmer waren Forck, Konsistorialpräsident Stolpe9 und Propst Winter10) sehr befriedigt über seinen DDR-Aufenthalt geäußert.

Insbesondere sei er »überrascht und gleichzeitig sehr zufrieden« gewesen über die Atmosphäre, den Stil und den Inhalt seines Gespräches mit dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Erich Honecker.11

Bischof Forck informierte weiter, dass am 20.1.1985 in Doberlug-Kirchhain eine Aussprache von kirchenleitenden Amtsträgern der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (Teilnehmer u. a. seine Person sowie Stolpe) mit Bausoldaten12 vorgesehen sei (über Inhalt und Verlauf der zwischenzeitlich stattgefundenen Aussprache liegen zzt. noch keine Erkenntnisse vor).13

In diesem Zusammenhang äußerte er, die derzeitigen Verhältnisse des Dienstes der Bausoldaten könne man »als befriedigend ansehen«. Einzelne Schwierigkeiten seien zwar nie auszuschließen, aber prinzipiell würden Anliegen und Wünsche der Kirche zur Gestaltung des Dienstes der Bausoldaten staatlicherseits berücksichtigt und durchgesetzt.

Bischof Gienke/Greifswald14 unterstützte die von Bischof Forck getroffenen Feststellungen zu den Bausoldaten und betonte, er habe anlässlich eines Gespräches am 16.12.1984 mit 40 Bausoldaten in Binz feststellen können, dass die Regelung der kirchlicherseits angesprochenen Fragen zu einer »Entspannung der Situation« geführt hätte.15

Oberkirchenrat Plath/Greifswald16 sprach sich in Fortsetzung der Berichterstattung der Evangelischen Landeskirche Greifswald erfreut über die staatlicherseits getroffenen Festlegungen zum Wiederaufbau der in Pasewalk eingestürzten Kirche aus,17 hob jedoch hervor, es müssten weitere Bemühungen zur Aufnahme einsturzgefährdeter oder baufälliger kirchlicher Objekte der Landeskirche in die »Ministerratsliste für Baumaßnahmen«18 unternommen werden.

Des Weiteren informierte Plath über ein Gespräch kirchenleitender Amtsträger der Evangelischen Landeskirche Greifswald beim 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED, Rostock, Genossen Timm.19

In diesem »außergewöhnlichen Gespräch« sei den kirchlichen Vertretern »erstaunliches Verständnis« über kirchlicherseits angesprochene Erschwernisse in der Volksbildung sowie über Beschwerden betreffs menschlicheren Umgangs mit Bürgern, die aus dringenden familiären Gründen einen Antrag auf Ausreise aus der DDR gestellt hätten, entgegengebracht worden.20

Im Bericht der Evangelischen Landeskirche Anhalt informierte Kirchenpräsident Natho/Dessau21 in abwertender Form über ein mit ihm erfolgtes Gespräch beim Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Halle. Unter Verweis auf ein angeblich stattgefundenes Gespräch des Ministers für Volksbildung, Genossin Margot Honecker,22 mit dem Mitglied des Vorstandes der KKL, Frau Schultheiß/Stadtroda,23 zeigte sich Natho empört, dass vom Vorsitzenden des Rates des Bezirkes mit aller Deutlichkeit ihm gegenüber erklärt wurde, die Kirchen hätten in der DDR und in der Volksbildung keinerlei Mitspracherecht. (Die dazu erfolgte Prüfung ergab, dass kein derartiges Gespräch zwischen dem Minister für Volksbildung, Genossin Margot Honecker, und der Frau Schultheiß stattfand.

Frau Schultheiß hatte sich mit der Bitte um Klärung zum Problem »Christen und Volksbildung« schriftlich an Genossin Honecker gewandt und die Antwort erhalten, sich in dieser Angelegenheit an den Staatssekretär für Kirchenfragen zu wenden.)

Konsistorialpräsident Kramer/Magdeburg24 erklärte in dem Bericht der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, seine Kirchenleitung sehe sich gegenwärtig nicht in der Lage, die geplante Herausgabe des »Materialdienstes Frieden« in der vorgesehenen Form zu gewährleisten. (Dieses streng vertraulich behandelte Vorhaben geht auf einen Beschluss der Herbstsynode 1983 der Landeskirche zurück, in dem eine »Materialsammlung« zu kirchlichen Friedensinitiativen vorgesehen wurde. In der Folgezeit entwickelte sich daraus ein Vorhaben, welches eine periodische Herausgabe eines Druckerzeugnisses der Kirchenprovinz Sachsen an alle Landeskirchen der DDR vorsieht und in dem kirchliche Friedensinitiativen, darunter Beiträge »bedeutender Friedenskreise« der einzelnen Landeskirchen, veröffentlicht werden sollen. Zu den für das Vorhaben »Materialdienst« Verantwortlichen gehören solch hinlänglich bekannte feindlich-negative Kräfte wie Pfarrer Bohley/Magdeburg,25 Pfarrer Tschiche/Magdeburg,26 Propst Falcke/Erfurt,27 Jugendpfarrer Stauss/Magdeburg,28 Karl-Otto Launicke29/Mitinitiator des Arbeitskreises »Frieden« der ESG Naumburg30). Kramer wies darauf hin, dass man kirchlicherseits befürchte, der Staat werde mit der Unterbindung der Herausgabe des »Materialdienstes Frieden« ein »Exempel statuieren« und gegebenenfalls auch vor einer Beschlagnahme der Druckmaschinen nicht zurückschrecken.31

Durch die staatlichen Organe sei bereits »hart« auf das Vorhaben reagiert worden, ohne dass der »Materialdienst Frieden« inhaltlich bekannt sei. Es müsse folglich eine »Kompromisslösung« angestrebt werden. In seinem Bericht hob Kramer weiter hervor, dass gegen acht Theologiestudenten der Martin-Luther-Universität Halle Disziplinarverfahren mit dem Ergebnis von zwei Exmatrikulationen und sechs Verweisen bzw. strengen Verweisen eingeleitet worden seien, da sie mit der wehrsportlichen Ausbildung nicht einverstanden gewesen wären.32

Die Kirchenleitung habe jedoch von einem Gespräch in dieser Angelegenheit mit dem Staatssekretär für Kirchenfragen Abstand genommen, da es im Interesse der Studenten als »nicht sinnvoll und angebracht« erscheine.

(Im Ergebnis eines Disziplinarverfahrens und in Abstimmung zwischen dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen und dem Staatssekretär für Kirchenfragen waren zwei Exmatrikulationen und sechs Disziplinarstrafen verfügt worden, weil sich diese Studenten im Wiederholungsfall im Lager für Zivilverteidigung33 provokativ verhalten hatten – grobe Disziplinverstöße und Befehlsverweigerung, vor allem bezogen auf Sportelemente mit wehrsportlichem Charakter, Anzugsordnung, Tagesablauf, Nichtbeachten von Ermahnungen und Verwarnungen.)

Unter Bezugnahme auf den Brand in der Laurentius-Kirche Halle am 16.11.1984 (Schwelbrand infolge unsachgemäßen Einbaues einer modernen Heizung) erklärte Kramer, die Staatsanwaltschaft habe der Kirche bisher keine Information über die Ursache des Brandes gegeben.34

Im Gegensatz zur eingestürzten Kirche in Pasewalk, die entsprechend einer Auflage des Ministers für Bauwesen wiederaufgebaut werden soll, sei es »untersagt« worden, Spendenaufrufe o. Ä. zum Wiederaufbau der Laurentius-Kirche durchzuführen. Es entstehe der Eindruck, dass der Staat die Laurentius-Kirche nur als »Valutabau«35 wiedererrichten wolle.

Für die Evangelische Kirche des Görlitzer Kirchengebietes wurde der Bericht von Oberkirchenrat Völz36 gegeben. Er informierte die KKL über mögliche Alternativen der Entwicklung der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes nach dem Rücktritt ihres Bischofs Wollstadt. Es werde derzeit in der Landeskirche erörtert, ob sofort ein neuer Bischof zu wählen oder ein anderer Weg einzuschlagen sei. Die vom 22. bis 25. März 1985 tagende Synode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes werde aber noch keine Entscheidung treffen, sodass über eine längere Phase kein neuer Bischof im Amt sei. (Nach dem Rücktritt von Bischof Wollstadt im Dezember 1984 nach schwerer Erkrankung übernahmen Oberkirchenrat Winde den Vorsitz der Kirchenleitung und Oberkirchenrat Völz die Leitung des Konsistoriums. Die Pensionierung von Bischof Wollstadt erfolgt ab 1.2.1985.)37

Oberkirchenratspräsident Müller/Schwerin38 informierte die KKL darüber, dass vom 1. bis 3. März 1985 traditionsgemäß das dritte zentrale Treffen von Vertretern aus »Friedenskreisen« der DDR39 auf Einladung der Arbeitsgruppe »Frieden« der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs40 und im Auftrage der Kirchenleitung in Schwerin durchgeführt wird.41 Die vorangegangenen Treffen fanden im März 1983 in Berlin und im März 1984 in Eisenach statt. (Nach Vorliegen weiterer Erkenntnisse wird darüber gesondert informiert.)

Präsident Domsch/Dresden,42 der den Bericht der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens vortrug, setzte die KKL über die erfolgten Gespräche leitender Amtsträger der Landeskirche mit den Vorsitzenden der Räte der Bezirke Dresden, Leipzig und Karl-Marx-Stadt43 in Kenntnis.

Den kirchlichen Vertretern sei in den Gesprächen übereinstimmend erklärt worden, dass der Verlauf der »Friedensdekade 1984«44 staatlicherseits als »Seismograph« für die Stellung und Haltung der Kirche zum Staat angesehen werde. In diesem Zusammenhang seien den kirchenleitenden Amtsträgern konkrete Fälle provokatorischen Auftretens und Handelns während der »Friedensdekade« vorgehalten worden.

Auf die kirchlicherseits erfolgte Entgegnung, eine »derartige umfassende Überwachung« kirchlicher Veranstaltungen sei kein Ausdruck staatlichen Vertrauens, wäre ihnen mitgeteilt worden, dass sich christliche Bürger empört über derartige Provokationen selbstständig an staatliche Organe gewandt hätten.

Domsch informierte weiter über geplante kirchliche Veranstaltungen anlässlich des 40. Jahrestages der Zerstörung Dresdens durch anglo-amerikanische Luftangriffe am 13.2.1985. So werden am 9./10.2.1985 spezielle Gedenkgottesdienste in Dresden zelebriert, 12.2.1985 ein ökumenisches Forum veranstaltet, 13.2.1985, 18.00 Uhr, ein vom Kreuzchor Dresden gesungenes Requiem aufgeführt und am 20.3.1985 ein Gottesdienst mit Landesbischof Hempel/Dresden45 und ökumenischen Gästen abgehalten.46

Im Bericht des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirchen in der DDR, vorgetragen von Dr. Koltzenburg/Berlin,47 spielten eine Rolle: Die Vorbereitung der am 5.3.1985 stattfindenden Hauptversammlung des Diakonischen Werkes, die Finanzierung evangelischer Krankenhäuser sowie das zu diesem Zeitpunkt bevorstehende Gespräch von leitenden Vertretern des Diakonischen Werkes mit Vertretern des Staatssekretariats für Kirchenfragen zur Altersversorgung der Diakonissen.48

Nach Abschluss der einzelnen Berichterstattungen erfolgte im weiteren Verlauf der KKL-Tagung eine Debatte zur Teilnahme kirchenleitender Amtsträger an staatlichen Großveranstaltungen anlässlich des 40. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus sowie des 40. Jahrestages der Zerstörung von Städten durch anglo-amerikanische Luftangriffe.

Bischof Hempel/Dresden erklärte, staatlicherseits sei er bisher nicht wegen einer Beteiligung an der Großveranstaltung am 13.2.1985 in Dresden angesprochen worden; trete dies jedoch ein, beabsichtige er nicht, dort unmittelbar neben dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Honecker, zu sprechen. Diese »beabsichtigte Absage« beziehe sich nicht auf die Person des Staatsratsvorsitzenden oder die Form dieser staatlichen Veranstaltung. Er fühle sich lediglich überfordert, vor 100 000 Personen unterschiedlichster Kategorien substantielle Aussagen zu treffen.

Vor der KKL brachte Bischof Hempel in diesem Zusammenhang sein Interesse an einem persönlichen Gespräch mit dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Honecker, zum Ausdruck und betonte, er stünde dafür auch am 13.2.1985 zur Verfügung.

Bischof Hempel wurde von der KKL die Empfehlung gegeben, ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Staatsrates zu keinem wesentlich späteren Zeitpunkt anzustreben, um »dieses Gespräch nicht mit dem 8. Mai 1985 in Verbindung bringen zu lassen«.

Die Haltung Bischof Hempels zur Nichtteilnahme an staatlichen Veranstaltungen fand bei den hinlänglich als politisch-negativ bekannten KKL-Mitgliedern Bischof Forck/Berlin und Superintendent Große/Saalfeld49 Unterstützung.

Forck betonte nachdrücklich, es müsse daran gezweifelt werden, vor diesem Forum überhaupt predigen zu können. Große lehnte eine Teilnahme an Veranstaltungen diesen Charakters kategorisch ab, »da die Kirche dort nicht das sagen kann, was sie zu sagen hat«.

Demgegenüber traten Bischof Leich/Eisenach,50 Bischof Demke/Magdeburg51 und Kirchenpräsident Natho/Dessau offensiv für eine kirchliche Teilnahme an derartigen Veranstaltungen ein.

Bischof Demke informierte über die zum Zeitpunkt der Tagung der KKL bevorstehenden staatlichen und kirchlichen Gedenkveranstaltungen anlässlich des 40. Jahrestages der Zerstörung Magdeburgs am 16.1.1985 und betonte, die Kirchenleitung werte es als »außergewöhnliche Geste«, dass staatlicherseits die Bitte ausgesprochen wurde, offizielle staatliche Vertreter zum Gedenkgottesdienst im Magdeburger Dom einzuladen. In Erwiderung dieser Geste werde der Superintendent von Magdeburg nach Einladung auf der staatlichen Gedenkveranstaltung auftreten.

Kirchenpräsident Natho unterstützte Bischof Demke mit dem Hinweis darauf, dass er ohne Bedenken seine Teilnahme an der staatlichen Großveranstaltung am 7. März 1985 in Dessau anlässlich des 40. Jahrestages der Zerstörung der Stadt zugesagt habe.

Im weiteren Verlauf der Tagung der KKL wurde den Mitgliedern der KKL eine vertrauliche schriftliche Information (in Form eines Gedächtnisprotokolls) über das am 18. Dezember 1984 durch den Staatssekretär für Kirchenfragen mit Mitgliedern der KKL geführte Gespräch übergeben und dazu eine Diskussion geführt. (Das Gedächtnisprotokoll liegt dem MfS vor.)52

Konsistorialrat Stolpe/Berlin wies darauf hin, dass vom Staatssekretär für Kirchenfragen der 9. Tagung des ZK der SED53 besondere Bedeutung beigemessen wurde und betonte, die 9. Tagung habe die innenpolitische Stabilität in der DDR unterstrichen und somit auch eine Wertung kirchlichen Handelns vorgenommen; die Kirche habe durch keine zusätzlichen innenpolitischen Belastungen die Position der DDR mit gestärkt. Es sei damit zu rechnen, dass ausgehend von dieser Einschätzung auf die Kirchen ein »gleichgelagerter Erwartungsdruck seitens staatlicher und politischer Organe« zukomme.

Auf Vorschlag von Konsistorialpräsident Kramer/Magdeburg wurde im Ergebnis der Erörterung des Verlaufs und der Resultate dieses Gespräches durch die KKL folgender Beschluss einstimmig angenommen:

  • 1.

    »Es existieren weiterhin offene Fragen zwischen Staat und Kirche zur Volksbildung und zum Wehrdienst.54 Insbesondere fehlen praktikable Maßnahmen zur Problemlösung.« (Angestrebt werden kontinuierliche klärende Gespräche mit verantwortlichen Funktionären/Ministerien.)

  • 2.

    »Die KKL ist unzufrieden und bestürzt über die Äußerungen zur erforderlichen Erweiterung kirchlicher Baukapazität in Mark der DDR sowie zur Altersversorgung der Diakonissen. Die KKL erwartet schnelle und gute Regelungen und konkrete Schritte zur Lösung dieser Fragen.«

    (Im Gespräch am 18. Dezember 1984 wurden keine Zusagen hinsichtlich der von den Vertretern der Kirche geforderten Erweiterung der Baukapazitäten für kirchliche Objekte gegeben. Bezogen auf die erneuten Forderungen der Kirche, die Altersversorgung der Diakonissen in die rechtliche staatliche Verantwortlichkeit zu übernehmen und den Hinweis, dies sei auch am »Tag des Gesundheitswesens«55 1984 »wieder nicht geschehen«, war erklärt worden, dass für Altersversorgung zur Verfügung stehende Summen neu berechnet werden müssen.)

Zum Tagesordnungspunkt »Auswertung der Sitzungen des Vorstandes der KKL seit der 95. KKL-Tagung« (9./10. November 1984) wurden eine Reihe politisch bedeutender Probleme angesprochen und dazu Festlegungen getroffen bzw. Empfehlungen gegeben:

Zur Teilnahme kirchenleitender Personen an nationalen und internationalen Veranstaltungen auf Einladung des Friedensrates der DDR56 wurde festgelegt, Einladungen dann wahrzunehmen, wenn garantiert werde, dass gegenüber den kirchlichen Vertretern weder »Fraktionszwang« noch »Zensur« ausgeübt werde und deutlich erkennbar bliebe, die Kirche müsse ohne Mitgliedschaft im Friedensrat der DDR einen eigenständigen Beitrag einbringen können.

Empfohlen wurde die Beteiligung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg im Namen des BEK in der DDR am staatlichen Komitee »750 Jahre Berlin«57 unter Vorsitz des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Erich Honecker. Die Modalitäten der Beteiligung sollen analog der kirchlichen Mitarbeit im staatlichen Lutherkomitee58 ausgestaltet werden.

Zum der KKL vorliegenden Vorschlag der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, vom 2. bis 9.6.1985 eine kirchliche »Woche der Verantwortung für die Schöpfung« in der DDR durchzuführen, wurde keine Entscheidung getroffen.59 (Vorschlag der 2. Tagung der 22. Synode der Landeskirche Sachsens – Oktober 1984 – als Beitrag zu Ökologieproblemen) Festgelegt wurde, dem Vorstand der KKL sollen zur Entscheidungsfindung durch die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens bis April 1985 eine Konzeption und Vorbereitungsmaterialien vorgelegt werden.

Der Vorstand der KKL stimmte der Fertigung und Herausgabe eines kirchlichen Aufklebers anlässlich des »Jahres der Jugend«60 prinzipiell zu. Bisher seien jedoch zwei Entwürfe aus inhaltlichen Erwägungen zurückgewiesen worden.

Der Vorstand der KKL berief Pfarrer Bretschneider/Dresden61 (hinlänglich wegen feindlich-negativer Aktivitäten bekannt) und Dr. Domke/Potsdam62 (Diplom-Physiker, Akademie der Wissenschaften der DDR, Mitglied der KKL) in die ständige Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der »Friedensdekaden«. (Dieser Arbeitsgruppe gehören mit dem gegenwärtigen Stand außerdem an: Synodale Brause/Frankenberg,63 Jugendwart Hampel/Schwerin,64 Oberkirchenrat Fichtner/Görlitz,65 Pfarrer Lange/Berlin.66)

Auf Initiative von Bischof Forck/Berlin wurden durch den Vorstand der KKL Konsistorialpräsident Stolpe/Berlin, Justitiar Kupas/Berlin67 (stellvertretender Leiter des Sekretariats des BEK in der DDR) und Dr. Kirchner/Berlin68 (Referent der Theologischen Studienabteilung beim BEK in der DDR für Katholika- und Sektenfragen) beauftragt zu prüfen, inwieweit seitens der Evangelischen Kirchen in der DDR die Mitglieder der »Zeugen Jehovas«, »die in der Regel als Wehrdienstverweigerer inhaftiert werden und einer sehr schlechten Behandlung in den Strafvollzugsanstalten in der DDR unterliegen«, unterstützt werden können.69

Durch den Vorstand der KKL wurde die personelle Zusammensetzung der »Beratergruppe« des BEK in der DDR erörtert und neu bestätigt. (Die »Beratergruppe« nimmt die Verantwortlichkeit der Zusammenarbeit mit der »Beratergruppe« der »Evangelischen Kirche Deutschlands«/BRD mit dem Ziel der Durchsetzung gemeinsamer Vorhaben, gegenseitiger Abstimmungen, Koordinierungen und der Erhaltung der Kontakte auf kirchlicher zentraler Ebene wahr.)

Folgende Mitglieder wurden nominiert:

Ordentliche Mitglieder

  • Kirchenpräsident Natho/Dessau (Stellvertreter: Oberkirchenrat Schulze/Dessau70),

  • Bischof Forck/Berlin,

  • Dr. Domke/Potsdam, Mitglied der KKL,

  • Diplom- Physiker Oberkirchenrat Völz/Görlitz (Stellvertreter: Oberkirchenrat Winde/Görlitz),

  • Superintendent Jaeger/Nordhausen,71

  • Konsistorialpräsident Kramer/Magdeburg (Stellvertreter: Bischof Demke/Magdeburg),

  • Präses Wahrmann/Wismar72 (Stellvertreter: Landesbischof Stier/Schwerin73)

  • Präsident Domsch/Dresden,

  • Bischof Leich/Eisenach (Stellvertreter: Präsidentin Schultheiß/Stadtroda),

  • Unitätsdirektor Müller74/Herrnhut,75

  • Oberkirchenrätin Lewek/Berlin,76

  • Präsident Rogge/Berlin,77

  • Oberkirchenrat Zeddies/Berlin.78

Außerordentliche Mitglieder

  • Konsistorialpräsident Stolpe/Berlin,

  • Bischof Gienke/Greifswald (Stellvertreter: Oberkirchenrat Plath/Greifswald),

  • Bischof Hempel/Dresden,

  • Oberkirchenrat Ziegler/Berlin,79

  • Direktor Petzold/Berlin.80

Die unmittelbar bevorstehende Aufgabe der beiden »Beratergruppen« BEK/DDR und »EKD«/BRD besteht in der Herausgabe eines »Gemeinsamen Wortes zum 40. Jahrestag des Kriegsendes«. Über den gegenwärtig vorliegenden dritten Entwurf wurde bisher keine Einigung erzielt.

Zum Abschluss der 96. KKL-Tagung wurde folgende Terminfestlegung getroffen:

Die konstituierende Tagung der V. Synode des BEK in der DDR findet vom 31.1. bis 2.2.1986 in Berlin oder Potsdam statt.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt!

  1. Zum nächsten Dokument Einnahmen Mindestumtausch, 21.–27.1.1985

    31. Januar 1985
    Information Nr. 51/85 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 21. Januar 1985 bis 27. Januar 1985

  2. Zum vorherigen Dokument Brandanschlag Büro für Besuchs- und Reiseangelegenheiten

    23. Januar 1985
    Information Nr. 41/85 über einen Brandanschlag auf das Büro für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Berlin (West)-Kreuzberg, Waterlooufer am 22. Januar 1985