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Luftraumverletzung durch Kleinflugzeug

16. September 1985
Information Nr. 388/85 über die Verletzung des Luftraumes der DDR durch ein einmotoriges Flugzeug der BRD am 13. September 1985 im Kreis Worbis, Bezirk Erfurt

Am 13. September 1985, 14.28 Uhr drang der Bürger der BRD, Fenn, Peter1 (42), geboren am [Tag, Monat] 1943, wohnhaft 8330 Eggenfelden bei München, [Straße, Nr.], Luftfahrzeugelektroniker bei der [Firmenname] Ganderkesee, Zweigstelle Eggenfelden, verheiratet, parteilos, mit dem einmotorigen Flugzeug vom Typ Cessna F 150 L, Kennzeichen [Kennzeichen], in der Nähe der Ortschaft Ecklingerode, Kreis Worbis, Bezirk Erfurt, in den Luftraum der DDR ein. Die Flughöhe betrug ca. 1 600 m. Durch den Einsatz von Hubschraubern der GSSD und der NVA wurde der Luftraumverletzer um 15.06 Uhr zur Landung auf dem in einem Truppenübungsplatz der GSSD gelegenen Flugplatz bei Friedrichswerth, Kreis Gotha, gezwungen.

Fenn wurde in Ausweisungsgewahrsam genommen. Das Flugzeug wurde sichergestellt.

Nach seinen bisherigen Aussagen und im Ergebnis bisher geführter Untersuchungen hatte Fenn am 12. September 1985 von seinem Betrieb den Auftrag erhalten, das für den Verkauf vorgesehene Flugzeug vom Typ Cessna F 150 L, Kennzeichen [Kennzeichen], vom Flugplatz Atlas Airfield bei Bremen nach Eggenfelden zu überführen.

Nach Vorbereitung des Fluges (Festlegen der Flugroute mit Orientierungspunkten, Eintragen der Kurslinien in Luftfahrtkarten, Festlegen der Kompasskurse, Zeitberechnung) und Einholen der Wetterberatung am Morgen des 13. September 1985, stellte er bei der Überprüfung der Bordinstrumente einen Defekt am Funkkompass fest. Er setzte das Gerät in Stand und überprüfte dessen Funktionsfähigkeit. Um 13.07 Uhr erfolgte der Start. Nachdem der Funkkompass bis gegen 13.50 Uhr noch funktioniert habe, reagierte er beim Einstellen der Frequenz des ungerichteten Funkfeuers nördlich von Kassel nicht mehr. Während er versuchte, den Funkkompass zu reparieren, vernachlässigte er die Sichtnavigation und verlor die Orientierung.

Außerdem kam er durch Nichtbeachtung der Einhaltung des vorgesehenen Kompasskurses nach ostwärts von der vorgesehenen Flugstrecke ab. Die mögliche Einholung einer Funkpeilung unterließ er, da er leichtfertig darauf vertraute, die Orientierung wieder zu erlangen. Er brachte das Flugzeug auf neuen Kurs, befand sich jedoch bereits im Raum Duderstadt und drang mit diesem Kurs in den Luftraum der DDR ein. Die Luftraumverletzung wurde durch Angehörige der Grenztruppen der DDR visuell festgestellt und das Flugzeug durch funktechnische Truppen der NVA lückenlos geortet.

Die unverzüglich zum Einsatz gebrachten je zwei Hubschrauber der GSSD und NVA brachten den Luftraumverletzer im Raum Eisenach auf. Fenn nahm über Eisenach, in der Annahme, er befinde sich über dem Autobahnabschnitt Gießen, nahezu Ostkurs ein und flog entlang der Autobahn in Richtung Gotha.

Er wurde zur Landung gezwungen, nachdem er vorherigen Aufforderungen der Hubschrauberbesatzungen zur Landung durch Handzeichen und rote Signalraketen nicht Folge geleistet hatte.

Durch die erzwungene Landung entstand geringfügiger Sachschaden am Höhenleitwerk und an einer Tragfläche des Flugzeuges. Der Defekt am Funkkompass wurde im Ergebnis der technischen Überprüfung bestätigt.

Es erscheint glaubhaft, dass Fenn das Überfliegen der Staatsgrenze der DDR nicht bemerkt hat. Es liegen keine Hinweise auf ein vorsätzliches provokatorisches Handeln vor.

Im Ergebnis geführter Untersuchungen wurde zu Fenn bekannt, dass er den Beruf eines Elektromechanikers erlernte, 1975 eine Tätigkeit als Luftfahrzeugelektroniker bei der Firma [Firmenname] München und seit 1979 bei der Firma [Firmenname] aufnahm.

Seit 1970 besitzt er den Luftfahrschein für Segelflugzeuge und erwarb 1975 die Privatpilotenlizenz für einmotorige Sportflugzeuge. Er kann ca. 550 Flugstunden mit Motorflugzeugen nachweisen.

Es wird vorgeschlagen, den Fenn aus der DDR auszuweisen, das Luftfahrzeug auf dem üblichen Wege, nach Erstattung der im Zusammenhang mit der Untersuchung entstandenen Kosten, nach der BRD zurückzuführen, gegen die neuerliche Verletzung des Luftraumes der DDR bei den zuständigen Organen der BRD in geeigneter Form Protest einzulegen sowie die durch das Ministerium für Nationale Verteidigung vorgeschlagene, mit dem MfS abgestimmte ADN-Meldung zu veröffentlichen.

Anlage zur Information Nr. 388/85

Entwurf einer Pressemitteilung2

(Freigabe der Pressemitteilung zur Veröffentlichung erst nach erfolgtem Protest durch das MfAA)

BRD-Flugzeug verletzte DDR-Luftraum

Berlin (ADN) Am 13. September 1985 verletzte ein einmotoriges Flugzeug der BRD vom Typ Cessna mit dem Kennzeichen [Kennzeichen] im Bezirk Erfurt den Luftraum der DDR. Durch die für die Lufthoheit der DDR verantwortlichen Kräfte wurde der Luftraumverletzer zur Landung aufgefordert und landete im Raum Eisenach.

Bei dem Piloten handelt es sich um den Bürger der BRD Peter Fenn. Er wurde zur Klärung der Ursachen der Luftraumverletzung den zuständigen Untersuchungsorganen übergeben.

Die Ständige Vertretung der DDR in der BRD protestierte im BRD-Bundeskanzleramt gegen die Verletzung des Luftraumes der DDR und drückte die Erwartung aus, dass von den zuständigen Organen der BRD Schritte unternommen werden, um Verletzungen des Luftraumes der DDR in Zukunft auszuschließen.

  1. Zum nächsten Dokument Zurückweisung von Iranern am Flughafen Schönefeld

    17. September 1985
    Hinweis über die Zurückweisung iranischer Bürger auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld [K 1/158]

  2. Zum vorherigen Dokument Konferenz der Ev. Kirchenleitungen der DDR (4)

    13. September 1985
    Information Nr. 386/85 über die 100. Tagung der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR (KKL) am 30. und 31. August 1985 in der Hauptstadt der DDR, Berlin