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Reaktionen zum Gespräch von Honecker mit Bischof Hempel (1)

13. Februar 1985
Information Nr. 64/85 über erste interne Reaktionen des Vorstandes der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR zum Gespräch zwischen dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Erich Honecker, und dem Vorsitzenden der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen, Landesbischof Dr. Hempel/Dresden am 11. Februar 1985

Streng internen Hinweisen zufolge fand in den Nachmittagsstunden des 11. Februar 1985 eine geschlossene Sitzung des Vorstandes der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen (KKL) in der DDR statt,1 während der eine erste Auswertung des Gesprächs im Staatsrat durch Bischof Hempel2 vorgenommen wurde.3

Bischof Hempel führte aus, er sehe im stattgefundenen Gespräch eine Bekräftigung und Vertiefung des Grundsatzgespräches vom 6. März 1978;4 die Erwartungshaltung der Kirche betrachte er als erfüllt. Es sei richtig gewesen, keine Sachprobleme in den Mittelpunkt zu stellen, sondern das Gemeinsame, das Grundsätzliche, insbesondere die Probleme der Erhaltung des Friedens hervorzuheben.

Als bedeutungsvoll stelle sich für ihn – Hempel – die Einheit von Partei und Regierung in der Person des Staatsratsvorsitzenden5 dar. Das »persönliche Profil« des Staatsratsvorsitzenden habe ihn angenehm überrascht. Für ihn sei erstaunlich gewesen, welche detaillierte Sachkenntnis der Staatsratsvorsitzende über kirchliche Probleme gehabt habe.

Bischof Hempel hob weiter hervor, er sehe »zwei wichtige Dinge, über die nicht mehr debattiert werden muss«:

  • Es könne eindeutig ein weiter angewachsenes Vertrauen zwischen Staat und Kirche konstatiert werden.

  • Die gegenseitige Respektierung habe eine hohe Qualität erreicht.

Oberkirchenrat Ziegler6 ergänzte die Ausführungen von Bischof Hempel, hob die im Gespräch erfolgte Würdigung der Diakonie hervor und begrüßte insbesondere die in Aussicht gestellte Altersversorgung der Diakonissen.7

Hempel und Ziegler brachten zum Ausdruck, sie seien sich aber auch bewusst, dass es Kräfte im kirchlichen Raum geben wird, denen gegenüber das stattgefundene Gespräch verteidigt werden müsse. Insbesondere müsse mit neuen Störmanövern durch die Westpresse gerechnet werden.

Konsistorialpräsident Stolpe8 wertete das Gespräch als »Erleichterung für den Kurs der Kirchenleitungen, die positiv zur Entwicklung in Staat und Gesellschaft Stellung nehmen«.

Durch solche Gespräche würden Auftritte, wie z. B. von Pfarrer Orphal/Berlin9 auf der Konstituierung des Komitees zur Vorbereitung des 750-jährigen Jubiläums von Berlin,10 »kirchenoffiziell untermauert«. Es käme jetzt darauf an, die positive Wertung des Gespräches schnellstens bis zur mittleren und unteren kirchlichen Ebene zu popularisieren.

Präses Wahrmann11 betonte, er sehe in diesem Gespräch eine kontinuierliche Fortsetzung des 1978 eingeschlagenen kirchenpolitischen Kurses von Bischof Schönherr/Berlin,12 jedoch auch eine Würdigung der Person des Bischofs Hempel als Vorsitzender der KKL in der DDR und als einer der Präsidenten des Weltkirchenrates.

Bischof Gienke13 brachte zum Ausdruck, er persönlich hätte »eine größere Präsenz kirchlicher Vertreter bei dem Gespräch für günstiger erachtet«. Er votiere nach wie vor für ein Gespräch des Vorstandes der KKL beim Staatsratsvorsitzenden. Er halte zumindest die Einbeziehung der Stellvertreter des Vorsitzenden der KKL in derartige Gespräche (Stellvertreter sind Gienke und Stolpe) für unerlässlich.

Konsistorialpräsident Stolpe vertrat dazu die Auffassung, gegenwärtig sei nicht der Zeitpunkt, »Erwartungsdruck zu erzeugen«. Er halte ein derartiges Gespräch erst nach Bildung des neuen Vorstandes für möglich und zweckmäßig. (Vom 31. Januar bis 2. Februar 1986 findet die konstituierende Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR und die Wahl ihrer leitenden Gremien statt.) Stolpe führte weiter aus, es sei wichtig, die Klärung von Sachfragen fortzusetzen. Er sehe deshalb das für den 4. März 1985 vorgesehene Sachgespräch im Staatssekretariat für Kirchenfragen für eine abschließende Klärung des Diakonissenproblems als außerordentlich wichtig an.14 Mit der Klärung dieses Problems könne auf der vom 8. bis 10. März 1985 in Buckow stattfindenden Klausurtagung der KKL eine durchgängige und breitenwirksame Würdigung und Popularisierung des Gespräches vom 11. Februar 1985 erfolgen.

Es wurde festgelegt, auf eine eigene Pressemitteilung über das Gespräch zu verzichten, jedoch eine »interne Hausmitteilung« bzw. »interne Sachinformation« an die Leitungen der acht Evangelischen Landeskirchen in der DDR herauszugeben.

Diese Information wird am 12. Februar 1985 gefertigt und soll zum Inhalt haben

  • den Wortlaut der Ausführungen von Hempel,

  • eine Hervorhebung, dass die Begegnung auf Anregung des Vorstandes der KKL zustande gekommen ist,

  • die Feststellung, dass weitere Sachgespräche auf allen Ebenen beiderseitige Unterstützung finden werden,

  • die Empfehlung, die Mitteilung der Kanzlei des Staatsrates sollte vorbehaltlos Verwendung finden.

Oberkirchenrat Ziegler wurde beauftragt, dem Staatssekretariat für Kirchenfragen über diese interne Hausinformation Mitteilung zu machen.

Der Direktor des Diakonischen Werkes, Oberkirchenrat Petzold/Berlin,15 der über die Ausführungen des Staatsratsvorsitzenden über die Diakonie durch die Vorstandsmitglieder sofort in Kenntnis gesetzt wurde, begrüßte spontan die staatliche Würdigung der Leistungen des Diakonischen Werkes.

Er brachte u. a. zum Ausdruck, es sei ein bedeutungsvoller Umstand, dass gerade zum 10-jährigen Jubiläum der ersten Vereinbarung zwischen Staat und Diakonie über die Schwesternausbildung neue weitreichende Regelungen in Aussicht gestellt würden.16 Staat und Kirche seien gut beraten, diesen Fakt entsprechend positiv und öffentlichkeitswirksam zu würdigen. Petzold betonte weiter, das Diakonische Werk in der BRD könne nicht im Entferntesten ein solches Verhältnis zwischen Staat und Kirche verzeichnen, wie es sich in der DDR herausbildet. Die Diakonie in der DDR würde dies durch besonders gute Leistungen unter Beweis stellen.

Der Hauptausschuss des Diakonischen Werkes in der DDR beabsichtigt, auf seiner nächsten Sitzung Anfang März 1985 analog zur KKL die Ergebnisse der Begegnung zwischen dem Staatsratsvorsitzenden und dem Vorsitzenden der KKL auszuwerten und zu würdigen.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.

  1. Zum nächsten Dokument Hirtenwort zum katholischen Jugendkongress 1985

    15. Februar 1985
    Information Nr. 54/85 über das »Hirtenwort der Berliner Bischofskonferenz zur Vorbereitung auf den katholischen Jugendkongress 1985«

  2. Zum vorherigen Dokument Einnahmen Mindestumtausch, 4.–10.2.1985

    13. Februar 1985
    Information Nr. 63/85 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 4. Februar 1985 bis 10. Februar 1985