Straftaten durch Angehörige der Sowjetarmee, I.Quartal 1985
24. Mai 1985
Hinweis zu Vorkommnissen mit Straftatencharakter durch Angehörige der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 1985 [K 2/37]
Im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 1985 wurden den Schutz- und Sicherheitsorganen der DDR insgesamt 919 (1 040)* Vorkommnisse mit Straftatencharakter bekannt.
* [Fußnote im Original: Zahlen in Klammern beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 1984]
Damit ist seit Beginn des Jahres 1985 ein Rückgang von Vorkommnissen mit Straftatencharakter gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 1984 um insgesamt 11,6 % festzustellen. Gegenüber dem Vergleichszeitraum verringerten sich die Anzahl von Angriffen gegen Leben und Gesundheit sowie Freiheit und Würde von Bürgern der DDR um 46 % und Diebstahlshandlungen am sozialistischen und persönlichen Eigentum um 26 %.
Demgegenüber erhöhte sich die Anzahl schuldhaft verursachter Verkehrsunfälle um 11,7 %.
Bezogen auf die einzelnen Monate ergibt sich folgende Entwicklung:
Zeitraum | Anzahl der Vorkommnisse | [Anzahl der Vorkommnisse] |
---|---|---|
[Monat] | 1985 | 1984 |
Januar | 225 | (287) |
Februar | 257 | (253) |
März | 224 | (257) |
April | 213 | (243) |
Gesamt | 919 | (1 040) |
Bei den im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 1985 bekannt gewordenen Handlungen und Vorkommnissen, bei denen Angehörige der GSSD schuldhaft Rechtsnormen der DDR verletzten, handelt es sich u. a. um
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399 (539) Diebstahlshandlungen am sozialistischen und persönlichen Eigentum mit einem bisher ermittelten materiellen Schaden in Höhe von über 362 000 (489 000) M;
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479 (429) schuldhaft verursachte Verkehrsunfälle – das entspricht einem Anteil von 52 % der insgesamt in diesem Zeitraum festgestellten Vorkommnisse – wodurch zehn (acht) Bürger der DDR getötet und 129 (122) Bürger der DDR verletzt wurden sowie ein an den Unfallorten geschätzter materieller Schaden in Höhe von über 1,3 (1,4) Mio. Mark entstand;
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36 (67) Angriffe gegen Leben und Gesundheit sowie die Freiheit und Würde von Bürgern der DDR, darunter 11 (11) Straftaten der Vergewaltigung von Bürgerinnen der DDR sowie Nötigung und Missbrauch zu sexuellen Handlungen.
Territoriale Schwerpunkte – bezogen auf die Tat- bzw. Ereignisorte – bildeten erneut die Bezirke und Kreise:
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Potsdam – Kreise Potsdam, Neuruppin, Jüterbog;
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Magdeburg – Kreise Magdeburg, Gardelegen;
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Dresden – Kreise Dresden, Riesa.
In einer Reihe von Fällen war erneut festzustellen, dass sich die Täter unerlaubt aus ihren Einheiten entfernt hatten bzw. unbefugt Militärkraftfahrzeuge benutzten sowie in Einzelfällen Angehörige der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR, die Angehörige der GSSD bei der Begehung von Straftaten stellten sowie deren Flucht zu verhindern versuchten, tätlich angriffen.
Im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 1985 hat die Anzahl der Vorkommnisse ansteigenden Charakter, bei denen durch Angehörige der GSSD fahrlässig mit Waffen, Munition und Sprengmitteln umgegangen wurde – 49 (37) Fälle. Neben der Anwendung der Waffen, u. a. im Zusammenhang mit illegaler Jagddurchführung bildeten Verluste von Munition und Sprengmitteln einen weiteren Schwerpunkt.
Darüber hinaus wurden durch unkontrolliertes Verschießen von Infanteriemunition, Granaten und anderen Geschossen während Übungsschießen z. T. erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verursacht und Leben und Gesundheit von Bürgern der DDR gefährdet.
Im gleichen Zeitraum wurden den zuständigen Organen der DDR insgesamt 128 (111) Vorkommnisse mit Straftatencharakter bekannt, bei denen durch Bürger der DDR Angehörige sowie Einrichtungen der GSSD geschädigt wurden.
Bezogen auf die einzelnen Monate ist folgende Entwicklung festzustellen:
Zeitraum | Anzahl der Vorkommnisse | [Anzahl der Vorkommnisse] |
---|---|---|
[Monat] | 1985 | 1984 |
Januar | 30 | (33) |
Februar | 35 | (33) |
März | 28 | (20) |
April | 35 | (25) |
Gesamt | 128 | (111) |
Bei diesen Vorkommnissen – sie nehmen einen weit geringeren Umfang gegenüber den durch Angehörige der GSSD verursachten Vorkommnissen ein – handelt es sich u. a. um
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101 (79) schuldhaft verursachte Verkehrsunfälle – das entspricht einem Anteil von nahezu 80 % der insgesamt in diesem Zeitraum festgestellten Vorkommnisse – mit einem materiellen Schaden von über 321 000 (157 000) M, 15 Angehörige der GSSD wurden verletzt;
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15 (20) Diebstahlshandlungen am sozialistischen und persönlichen Eigentum.
Anlage zum Bericht Nr. K 2/37
Beispiele der Anwendung der Schusswaffe
Hervorzuheben ist im Einzelfall die Anwendung der Schusswaffe MPi-AK 74 durch einen Soldaten der GSSD (Garnison Nohra) beim Versuch eines gewaltsamen Grenzübertritts nach der BRD gegen Angehörige der Grenztruppen der DDR am 22. März 1985 in Nähe der Ortschaft Spichra, Kreis Eisenach, Bezirk Erfurt, wodurch ein Postenführer der Grenztruppen der DDR tödlich verletzt wurde.
Des Weiteren wurden in einzelnen Fällen durch Angehörige der Deutschen Volkspolizei im Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten Schusswaffen gegenüber Angehörigen der GSSD angewandt. So erfolgte
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die Anwendung der Schusswaffe MPi »Kalaschnikow« durch einen Angehörigen der Deutschen Volkspolizei zur Verhinderung der Flucht von Angehörigen der GSSD (Garnison Hillersleben) nach begangener Straftat am 7. Februar 1985 im Kreis Haldensleben, wodurch zwei Angehörige der GSSD, davon einer tödlich, verletzt wurden,
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die Anwendung der Schusswaffe, Pistole »Makarow«, durch einen Angehörigen der Deutschen Volkspolizei gegen Angehörige der GSSD (Garnison Schwerin) im Zusammenhang mit der Unterbindung des Widerstandes gegen staatliche Maßnahmen und von Angriffen auf Leben und Gesundheit am 25. Februar 1985 in Schwerin-Krebsförden, wodurch zwei Fähnriche der GSSD verletzt wurden.
(Durch den Minister des Innern und Chef der DVP wurden aufgrund von Fällen des Schusswaffengebrauchs im Jahre 1984 und seit Beginn des Jahres 1985 die Chefs der BDVP und Leiter der Dienststellen in einem persönlichen Schreiben auf den Ernst der Lage hingewiesen und u. a. eine verstärkte Einflussnahme auf eine ausreichendere Beachtung der Verhältnismäßigkeit der Mittel bei der Verhinderung von Straftaten gefordert.)