Treffen kath. Bischöfe mit Zentralkomitee der deutschen Katholiken
15. Februar 1985
Information Nr. 69/85 über eine Zusammenkunft der katholischen Bischöfe der DDR mit leitenden Mitgliedern des »Zentralkomitees der deutschen Katholiken« der BRD am 30. Januar 1985 in der Hauptstadt der DDR, Berlin
Streng intern wurde bekannt, dass am 30.1.1985 in der Zeit von 9.00 bis 15.00 Uhr ein Treffen der katholischen Bischöfe der DDR mit leitenden Mitgliedern des »Zentralkomitees der deutschen Katholiken« (ZdK)1 in der Residenz von Kardinal Meisner2 in der Hauptstadt der DDR, Berlin, stattfand. (Bei diesem Treffen handelte es sich um die Fortsetzung von seit mehreren Jahren in unregelmäßigen Abständen stattfindenden Zusammenkünften, die dem gegenseitigen Informationsaustausch sowie der Beratung und Abstimmung des Weiteren gemeinsamen Vorgehens dienen.)
Seitens des ZdK der BRD waren anwesend:
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Dr. Hans Maier,3 München, Präsident des ZdK und Kultusminister in Bayern,
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Dr. Friedrich Kronenberg,4 Bonn, Generalsekretär des ZdK,
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Bischof Dr. Klaus Hemmerle,5 Aachen,
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Bischof Dr. Anton Schlembach,6 Speyer,
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Prälat Wilhelm Schätzler,7 Bonn, Sekretär der »Deutschen Bischofskonferenz«,
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Prälat Paul Bocklet,8 Bonn, Leiter des katholischen Büros,
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Caritasdirektor Heinz Thiel,9 Westberlin.
Aus der DDR nahmen die katholischen Bischöfe sowie der Sekretär der »Berliner Bischofskonferenz«, Prälat Dissemond,10 und Prälat Lange11 vom Berliner bischöflichen Ordinariat teil.
Nach vorliegenden internen Hinweisen wurden auf der Zusammenkunft folgende Probleme behandelt:
Zunächst informierte Kardinal Meisner die Vertreter des ZdK über den Inhalt des Besuches von Kardinal Glemp,12 Primas der katholischen Kirche in der VR Polen, im Oktober 1984 in Berlin, den er als »lebendigen Ausdruck der katholischen Kirche als Weltkirche« bezeichnete. Bezug nehmend auf seine Besuche bei den Episkopaten in der VR Polen, in der UVR, in der ČSSR und in der SFR betonte Kardinal Meisner, sie hätten dazu beigetragen, gegenseitiges Verständnis und Interesse für die jeweils unterschiedlichen Entwicklungsbedingungen zu wecken. Er schlussfolgerte daraus, die seinerseits festgestellten Bestrebungen nach aktiver Kommunikation unter den kirchenleitenden Kräften dieser Länder in Zukunft noch mehr fördern zu müssen.
Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen äußerte er sich auch über das im Jahre 1985 in der BRD stattfindende »Schlesiertreffen« und bemerkte in diesem Zusammenhang, dass ein derartiges Treffen seines Erachtens nicht der Verständigung unter den Völkern diene, sondern neue Probleme aufwerfe.13
In der sich an die Ausführungen von Kardinal Meisner anschließenden Diskussion versuchten die Teilnehmer aus der BRD, die Durchführung des »Schlesiertreffens« zu rechtfertigen. So erklärte der Leiter des katholischen Büros in Bonn, Prälat Bocklet, es könne nicht hingenommen werden, wenn 40 Jahre nach Kriegsende in der VR Polen proklamiert werde, dass mit der Festlegung der Grenzen an Oder und Neiße die Polen ihr schon immer polnisches Land wiederbekommen hätten.14 Über allen Streit in der BRD um Losungen zum »Schlesiertreffen« vergesse man oft, dass die Deutschen eine solche historische Unwahrheit nicht akzeptieren könnten. Der Wahrheit käme man näher, davon zu sprechen, die Gebiete jenseits von Oder und Neiße seien durch den Krieg verspielt worden, denn vordem wären sie deutsch gewesen. In diesem Sinne müsse man auch das »Schlesiertreffen« als Richtigstellung der historischen Wahrheit begreifen.
Die anderen ZdK-Vertreter bezogen den gleichen Standpunkt.
Prälat Bocklet äußerte sich des Weiteren zum Aufenthalt von DDR-Bürgern in der BRD-Botschaft in Prag. Kritisch vermerkte er, diesen DDR-Bürgern sei die von ihnen erbetene seelsorgerische Betreuung durch die katholische Kirche der DDR nicht gewährt worden.15
Der Präsident des ZdK, Maier, distanzierte sich von dieser Kritik.
Seines Erachtens wäre es nicht möglich, dass auf dem Gelände einer BRD-Botschaft Geistliche aus der DDR tätig werden, da das völkerrechtlich anfechtbar sei.
Kardinal Meisner und die anderen Bischöfe aus der DDR unterstützten diese Auffassung Maiers. In solchen außergewöhnlichen Situationen sollte nach Auffassung Kardinal Meisners eine staatliche Abstimmung zwischen der DDR und der BRD erfolgen, denn prinzipiell dürfte den Menschen die seelsorgerische Betreuung nicht verweigert werden.
Maier ging weiter auf das Verhältnis zwischen beiden deutschen Staaten ein und hob hervor, die BRD müsse in Zukunft »größere Flexibilität in Sachfragen gegenüber der DDR an den Tag legen«.
Nach seiner Kenntnis wären in der »Evangelischen Kirche Deutschlands« (»EKD«) intern Gespräche über die Problematik der Respektierung der DDR-Staatsbürgerschaft16 im Gange, die auch für die katholische Kirche »zumindest überlegenswert« seien.
Von den in Kürze anlaufenden Gesprächen zwischen der UdSSR und den USA erhoffe auch er sich wieder neue Impulse in der Verhandlungsbereitschaft zwischen den beiden deutschen Staaten.17
Beide Seiten informierten sich im Verlaufe der Zusammenkunft über ihre Vorhaben zum 8. Mai 1985.
Nach den Darlegungen Maiers wird die »Deutsche Bischofskonferenz« aus Anlass des 40. Jahrestages der »Beendigung« des Zweiten Weltkrieges eine Erklärung veröffentlichen und außerdem an einem ökumenischen Gottesdienst im Kölner Dom teilnehmen.
Kardinal Meisner informierte darüber, dass die »Berliner Bischofskonferenz« sich nicht mit einem gemeinsamen Wort der Bischöfe zum 40. Jahrestag der Befreiung äußern wolle. Sie beabsichtige jedoch – im Zusammenhang mit der nächsten turnusmäßigen Sitzung – am 5. März in der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale einen gemeinsamen Bußgottesdienst aller Bischöfe für den Frieden abzuhalten.
Bischof Hemmerle, Aachen, legte zum 8. Mai Gedanken aus ausschließlich theologischer Sicht dar, die darin mündeten, dass man vor allem fest zur Kirche stehen müsste, wolle man dauerhaften Frieden mit der Welt haben.
Bischof Huhn,18 Görlitz, informierte des Weiteren über das Vorhaben der »Berliner Bischofskonferenz«, in der Zeit vom 17. bis 19. Mai 1985 in Berlin einen katholischen Jugendkongress mit 1 000 Delegierten abzuhalten.19
Er verwies darauf, dass alle geistigen Vorbereitungen auf der Grundlage eines am 27.1.1985 bekannt gegebenen Hirtenwortes basieren.20
Mit diesem Kongress ginge es darum, den genauen Standort der katholischen Jugend im Raum der DDR zu bestimmen und davon ableitend die Weiteren Schlussfolgerungen für die Jugendarbeit der Gemeinden zu ziehen. Dazu fänden während des Kongresses Aussprachen in Foren und Arbeitskreisen statt.
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