Veranstaltungen zum 500. Geburtstag des Reformators Bugenhagen
15. März 1985
Information Nr. 105/85 über Veranstaltungen der Evangelischen Kirchen in der DDR anlässlich des 500. Geburtstages des lutherischen Reformators Johannes Bugenhagen im Jahre 1985
Durch den Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) wurde im Namen aller Gliedkirchen die Evangelische Landeskirche Greifswald mit der Durchführung der kirchlichen Gedenkfeiern anlässlich des 500. Geburtstages des Reformators Johannes Bugenhagen1 beauftragt.
(Bugenhagen, der von 1485 bis 1558 lebte, wird seitens der Kirche das Verdienst zugesprochen, die Reformation in Norddeutschland, Dänemark und im damaligen Herzogtum Pommern durchgesetzt zu haben. Außerdem übersetzte er die Bibel in das Niederdeutsche.)
Höhepunkte der kirchlichen Bugenhagen-Ehrungen unter dem Thema: »Durch den Glauben reich sein« bilden der Kirchentag der Evangelischen Landeskirche Greifswald im Zeitraum vom 21.6. bis 23.6.1985 und der »ökumenische Festtag« am 24.6.1985 in Greifswald.2
Des Weiteren sind vorgesehen: die Durchführung einer Studientagung über »Protestantische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts« in Weitenhagen, [Kreis] Greifswald, eines wissenschaftlichen Symposiums zum Thema »Johannes Bugenhagen – Reformator, Theologe, Seelsorger« (19.9. bis 22.9.1985 in Greifswald) und einer Bugenhagen-Dekade in Verbindung mit einem Kreiskirchentag in Wittenberg, [Bezirk] Halle sowie einer Bugenhagen-Ausstellung in der Lutherhalle in Wittenberg von Juni bis Oktober 1985.
In den evangelischen Kirchengemeinden der DDR erfolgten bzw. erfolgen im Zeitraum von Januar bis Mai 1985 je nach Ermessen der Ortspfarrer im Rahmen von Gottesdiensten und anderen kirchlichen Veranstaltungen Bugenhagen-Ehrungen.
Bisher hierzu durchgeführte Veranstaltungen trugen ausschließlich religiösen Charakter.
Die »Ernst-Moritz-Arndt«-Universität in Greifswald würdigt das reformatorische Schaffen von Bugenhagen am 5.6.1985 mit einem akademischen Festakt, an dem neben Bischof Dr. Gienke3 weitere kirchenleitende Personen, namhafte Theologen und Kirchenhistoriker aus der DDR teilnehmen werden.
Die Veranstalter der kirchlichen Bugenhagen-Ehrungen beabsichtigen nach bisher vorliegenden Hinweisen ca. 200 kirchenleitende Personen aus 15 Ländern und Westberlin einzuladen. Außerdem ist die Teilnahme von 53 kirchenleitenden Personen aus den Landeskirchen der DDR vorgesehen. (An der Personifizierung der ausländischen Teilnehmer wird gearbeitet.)
Intern wurde bekannt, dass der Bundesminister der Finanzen der BRD und Vorsitzende des CDU-Landesverbandes Schleswig-Holstein, Dr. Stoltenberg,4 seinen Aufenthalt in der DDR vom 1. bis 3. März 1985 dazu nutzte, um sich im Gespräch mit Bischof Dr. Gienke über die vorgesehenen Bugenhagen-Ehrungen zu informieren. Bischof Dr. Gienke hob in diesem Gespräch seine Befriedigung über das Entgegenkommen der DDR im Zusammenhang mit den geplanten Veranstaltungen hervor. Stoltenberg nahm die Darlegungen interessiert zur Kenntnis und sprach sich für ein weiteres »enges Zusammenwirken« zwischen den Kirchen beider deutscher Staaten aus.
Die organisatorische Vorbereitung der kirchlichen Bugenhagen-Ehrungen erfolgt durch ein Vorbereitungskomitee beim Evangelischen Konsistorium in Greifswald unter Leitung von Bischof Dr. Gienke.
An einigen bisher durchgeführten Beratungen dieses Gremiums nahmen der Präsident der Synode der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der BRD, Dräger/Kiel,5 sowie der dänische Theologieprofessor Andersen/Kopenhagen6 teil.
Im Zusammenhang mit den kirchlichen Bugenhagen-Ehrungen in Greifswald wurde aufgrund einer Festlegung der Bezirksleitung der SED Rostock eine unter Leitung des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes für Inneres, Rostock, stehende Arbeitsgruppe gebildet.
In einem Gespräch mit Bischof Dr. Gienke wurden seitens des Leiters dieser Arbeitsgruppe Einwände erhoben gegen die durch die Evangelische Landeskirche Greifswald gegenüber in der DDR akkreditierten Botschaftern ausgesprochenen Einladungen zur Teilnahme am »ökumenischen Festtag« in Greifswald.
Außerdem erhob er Einspruch gegen das unausgewogene Verhältnis der zur Einladung vorgesehenen ökumenischen Gäste aus dem Ausland. (Allein aus der BRD sollen ca. 115 Personen – von ca. 200 Personen – teilnehmen.)
Bischof Dr. Gienke sicherte in Gesprächen mit Vertretern staatlicher Organe wiederholt zu, alles zu unternehmen, um politisch-negative Aktivitäten und Handlungen während der Bugenhagen-Ehrungen zu unterbinden. Zugleich betonte er seine Bereitschaft, gegenüber den teilnehmenden ökumenischen Gästen im Sinne der Politik der DDR aufzutreten.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.