Verlautbarung der Berliner Bischofskonferenz
11. April 1985
Information Nr. 150/85 über eine Verlautbarung der »Berliner Bischofskonferenz« zu »Beziehungen zu staatlichen Organen sowie zu politischen und gesellschaftlichen Organisationen«, gerichtet an die katholischen Geistlichen in der DDR
[Faksimile vom Deckblatt zu Information 150/85]
Dem MfS vorliegenden streng internen Hinweisen zufolge befasste sich die Vollversammlung der »Berliner Bischofskonferenz« am 6. März 1985 u. a. mit grundsätzlichen Überlegungen zur weiteren »Handhabung« von Kontakten der katholischen Kirche zu den Staatsorganen der DDR.
Auf Vorschlag von Kardinal Meisner1 wurde einstimmig beschlossen, »aus aktuellem Anlass« bereits gültige Richtlinien »zu Beziehungen zu staatlichen Organen sowie zu politischen und gesellschaftlichen Organisationen« zu überarbeiten und verbindlich schriftlich zu fixieren.
(Dazu wurde in der Information des MfS Nr. 117/85 vom 25. März 1985 berichtet.)
Diese Festlegung wurde bis Ende März 1985 realisiert. Gegenwärtig wird die schriftliche Verlautbarung den Dekanen zur Übergabe an alle katholischen Geistlichen in der DDR zugestellt.
Damit hat auch der jetzige Vorsitzende der »Berliner Bischofskonferenz«, Kardinal Meisner, wie analog seine Vorgänger im Amt (die Kardinäle Preysing2 – 1946, Döpfner3 – 1957, Bengsch4 – 1977) Richtlinien beschließen lassen, in denen alle katholischen Geistlichen einheitlich über die Gestaltung des Verhältnisses katholische Kirche in der DDR – staatliche Organe orientiert werden.
Nach streng internen Hinweisen beinhaltet die Orientierung u. a. nachfolgende Leitlinien:
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Die katholische Kirche halte weiterhin an dem Grundsatz einer strikten Trennung Staat – Kirche fest; das betreffe alle Ebenen der katholischen Kirche. Mit politischen Parteien und Organisationen sowie deren Organen sei nicht zusammenzuarbeiten und jegliche politische Aktivitäten in der Öffentlichkeit seien zu unterlassen.
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Notwendige Sachgespräche mit staatlichen Organen würden auf Ortsebene vom Pfarrer, auf Kreisebene vom Dekan und auf Bezirksebene vom Bischof, jeweils unter Hinzuziehung eines Begleiters aus dem zuständigen kirchlichen Amt, geführt.
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Von staatlichen Vertretern aufgeworfene politische Themen seien ohne Stellungnahme lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Über jedes Gespräch sei eine Notiz zu fertigen und an den nächsthöheren Amtsbereich zu übersenden.
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Gespräche auf Regierungsebene würden allein dem Vorsitzenden der »Berliner Bischofskonferenz« obliegen. Repräsentative Aufgaben im Namen der katholischen Kirche anlässlich zentraler offizieller staatlicher Veranstaltungen würden ebenfalls nur durch ihn wahrgenommen.
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Vertreter von Kirchenvorständen, Pfarrgemeinderäten und anderen katholischen Ehrenämtern seien nicht befugt, im Namen des jeweiligen Gremiums oder im Namen der katholischen Kirche politische Erklärungen abzugeben.
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Gewünschte oder erforderliche Beteiligungen von Vertretern der katholischen Kirche an Stadt- oder Ortsjubiläen seien vom zuständigen Pfarrer mit dem Bischof abzusprechen.
Kardinal Meisner habe vertraulich geäußert, diese Richtlinie enthalte im Vergleich zu Vorangegangenen neue Erkenntnisse.
So sei es notwendig geworden, neu zu formulieren und eindeutig zu regeln, dass Vertreter von Kirchenvorständen und Pfarrgemeinderäten nicht befugt sind, im Namen der katholischen Kirche politische Erklärungen abzugeben. Damit solle einem möglichen Missbrauch des kirchlichen Amtes oder Ehrenamtes, also auch der Tätigkeit der katholischen Laien vorgebeugt werden.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.