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Zusammenarbeit der Grünen mit der Opposition in der DDR

2. Mai 1985
Zu einigen wesentlichen Erkenntnissen über das Zusammenwirken militanter Kräfte der Partei »Die Grünen« der BRD und der »Alternativen Liste«, Westberlin, mit Exponenten politischer Untergrundtätigkeit in der DDR [K 1/151]

Im Rahmen der sich innerhalb der Partei »Die Grünen« in der BRD vollziehenden innerparteilichen Auseinandersetzungen um eine »alternative Deutschlandpolitik« verfügen nach wie vor solche Führungskräfte dieser Partei (Mitglieder bzw. ehemalige Mitglieder der Bundestagsfraktion und politische Mitarbeiter der »Grünen«) über starke und einflussreiche Positionen, die sich als Träger einer sogenannten block- und systemübergreifenden Friedensbewegung1 verstehen und deshalb vorrangig auf eine direkte, unmittelbare Hilfe und Unterstützung der »staatlich unabhängigen Friedensbewegung« in der DDR und anderen sozialistischen Staaten orientieren und in diesem Sinne auch inspirierend wirken. Dabei handelt es sich vor allem um Kräfte, die eindeutig auf antikommunistischen Grundpositionen stehen und ausgeprägte pseudopazifistische Auffassungen vertreten.

Es ist nicht auszuschließen, dass im Ergebnis des Wechsels der Mandatsträger der Partei »Die Grünen« im Bundestag ihr Einfluss wächst.2 Begünstigend wirkt dabei, dass auch von auf realistischen Positionen stehenden Führungskräften der »Grünen«, die sich gegen die Initiierung von staatsfeindlichen Aktivitäten auf dem Gebiet der DDR aussprechen, die Gesellschaftsordnung in der DDR als »veränderungswürdig« betrachtet wird und sie wiederholt die Bereitschaft für eine »moralische Unterstützung« oppositioneller Kräfte in der DDR bekundeten.

Die Anstrengungen militanter Führungskräfte der Partei »Die Grünen« der BRD und der Alternativen Liste, Westberlin (insbesondere der Führungskräfte der Arbeitsgruppe »Berlin- und Deutschlandpolitik«3) sind darauf gerichtet, unter der Flagge der Schaffung einer »blockübergreifenden europäischen Friedensbewegung« ein politisches Zweckbündnis mit Spalterkräften der westeuropäischen Friedensbewegung, ehemaligen DDR-Bürgern (Personen, die vor ihrer Übersiedlung in das NSA aktiv im Sinne politischer Untergrundtätigkeit wirkten) und antisozialistischen Emigranten zu schaffen mit dem Ziel, alle Potenzen und Möglichkeiten des direkten Hineinwirkens in die DDR zur Schaffung einer sogenannten inneren Opposition und der Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit zu erschließen und auszuschöpfen.

In Übereinstimmung mit entsprechenden Orientierungen und getroffenen Vereinbarungen auf von oben genannten erwähnten Kräften durchgeführten Konferenzen/Tagungen werden vor allem durch die militanten Kräfte der Partei »Die Grünen« Gert Bastian,4 Petra Kelly,5 Frieder Wolf6 (Mitarbeiter der Kelly, fungiert als Verbindungsperson zu Exponenten der politischen Untergrundtätigkeit in der Hauptstadt der DDR) Gabriele Potthast,7 Elisabeth Weber8 (Mitarbeiterin des Mitgliedes der Bundestagsfraktion der Partei »Die Grünen« Milan Horáček9) und der »Alternativen Liste«, Westberlin, Dieter Esche,10 Hubertus Knabe11 (Mitarbeiter des Esche), Walther Grunwald12 und Wolfgang Schenk13 (Mitglied des Westberliner Abgeordnetenhauses) die Bestrebungen forciert, mit Exponenten politischer Untergrundtätigkeit in der DDR zusammenzuwirken und ein stabiles Informations- und Verbindungssystem auf- und auszubauen. Damit soll unmittelbar »vor Ort« Einfluss auf die Schaffung eines breiten Oppositionspotenzials in der DDR in Gestalt sogenannter alternativer Bewegungen (Friedens-Umwelt-Frauenbewegung) genommen werden, die in eine »blockübergreifende europäische Friedensbewegung« eingebunden, sich an den antikommunistischen und nationalistischen Grundpositionen der militanten Kräfte der »Grünen« orientieren sollen.

Die besonders seit September 1984 bedeutend angestiegene Teilnahme von Vertretern der »Grünen« bzw. in deren Auftrag handelnden Personen an zahlreichen konspirativen Zusammenkünften mit Führungskräften feindlich-negativer Gruppierungen (z. B. Bohley,14 Poppe,15 Havemann, Annedore,16 Böttger,17 Tschiche,18 Eppelmann19) bzw. an überregionalen Treffen von »Friedenskreisen«, »Ökologiegruppen« und »Frauenfriedensgruppen« in der DDR erfolgte nach vorliegenden internen Hinweisen mit dem Ziel

  • gegenseitig Erfahrungen über geplante bzw. realisierte Aktionen/Handlungen und dabei angewandte Mittel und Methoden (»gewaltfreier Widerstand«) auszutauschen,

  • Standpunkte und Positionen zu aktuellen politischen Fragen und Anlässen (Schwerpunkte: Friedens-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der DDR, Bündnisbeziehungen DDR-UdSSR, Beziehungen DDR-BRD und ihre Perspektiven aus nationalistischer Sicht) zu diskutieren,

  • die Inhalte von antisozialistischen Pamphleten (Offene Briefe, Eingaben an zentrale Partei- und Staatsorgane, an gesellschaftliche Organisationen und Einrichtungen, Positionspapiere, z. B. zur Gründung einer »DDR-Sektion der Grünen«20) zu erörtern, abzustimmen und in das nichtsozialistische Ausland zu verbringen,

  • sogenannte blockübergreifende, parallele Aktionen provokatorisch-demonstrativen Charakters vorzubereiten und zu koordinieren (z. B. geplante Übergabe von Petitionen an UdSSR-Botschaft in der Hauptstadt der DDR und USA-Botschaft in Bonn, Inspirierung der Aktion »100 000 Partnerschaften«,21 verbunden mit vielfältigen Kontaktaktivitäten zu Einrichtungen der Volksbildung, der Universitäten und Hochschulen, zu Jugendklubs, Kirchengemeinden, Sportgemeinschaften und Ähnliches),

  • Überlegungen anzustellen über Möglichkeiten des Eindringens in bzw. des Unterwanderns von gesellschaftlichen Organisationen (FDJ, DFD, Kulturbund) durch feindlich-negative Kräfte,

  • Möglichkeiten der Abwehr von »Repressivmaßnahmen« seitens staatlicher Organe, besonders der Schutz- und Sicherheitsorgane, »durchzuspielen«,

  • geplante Treffen zwischen feindlich-negativen Kräften der DDR, antisozialistischen Elementen aus anderen sozialistischen Staaten und gegnerischen Kräften auf dem Territorium sozialistischer Bruderländer vorzubereiten (entsprechend der gegnerischen Zielstellung, antisozialistische Kräfte über Ländergrenzen hinweg zu einer »osteuropäischen Friedensbewegung« zu vereinen),

  • Aktionen zur Diskreditierung der Umweltschutzpolitik der DDR zu erörtern (Entnahme von Luft-, Boden- und Wasserproben aus umweltgefährdeten Gebieten der DDR und ihre Verbringung an das ökologische Institut in Bonn/BRD zur »Begutachtung«),

  • Materialien antisozialistischen Inhalts (Broschüren, Bildmaterial, Zeitschriften und andere Druckerzeugnisse sowie Anstecker, Aufkleber) sowie Ton- und Bildträger zu übergeben. (Streng internen Hinweisen zufolge soll künftig auch Vervielfältigungstechnik in die DDR eingeschleust werden.)

  • Einladungen an Exponenten politischer Untergrundtätigkeit in der DDR zur Teilnahme an Veranstaltungen von Spalterkräften der westlichen Friedensbewegung zu überbringen (z. B. Einladung der Bohley, Poppe und Havemann zur Teilnahme an dem von Bastian und der Kelly organisierten Internationalen Forum »Versöhnung« in Bad Godesberg). Die Nichtgenehmigung ihrer Teilnahme soll zu einer umfassenden Hetz- und Verleumdungskampagne gegen die DDR genutzt werden.

  1. Zum nächsten Dokument Friedensreise »The Great Peace Journey« (1)

    2. Mai 1985
    Hinweise über eine geplante sogenannte große Friedensreise der schwedischen Vereinigung »The Great Peace Journey« (»Die Große Friedensreise«) vom 12. Mai bis 24. Mai 1985 durch mehrere europäische Länder [K 1/152a]

  2. Zum vorherigen Dokument Einnahmen Mindestumtausch, 22.–28.4.1985

    2. Mai 1985
    Information Nr. 188/85 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 22. April 1985 bis 28. April 1985